Grafrath:Wieder Streit um den Klosterwirt

Grafrath: Das markante Gebäude neben dem denkmalgeschützten Stadel ist zitronengelb gestrichen und lässt auch weitere Abweichungen zum Vorbild erkennen. So fehlen bei Fenstern und Fenstertüren die Sprossen sowie Fensterläden.

Das markante Gebäude neben dem denkmalgeschützten Stadel ist zitronengelb gestrichen und lässt auch weitere Abweichungen zum Vorbild erkennen. So fehlen bei Fenstern und Fenstertüren die Sprossen sowie Fensterläden.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Fassade des Neubaus lässt sich offenbar nicht mit den Vorgaben der Baugenehmigung vereinbaren, die Kreisheimatpflegerin vermisst zudem die Rücksichtnahme auf die historische Struktur. Nun kündigt der Bauherr Nachbesserungen an

Von Peter Bierl, Grafrath

Der Wirbel um den Klosterwirt in Grafrath hält an. Die Fassade des Neubaus entspricht nicht der Baugenehmigung. Im Oktober gab es bereits einen Lokaltermin mit dem Bauherren Georg Mittermaier sowie Vertretern der Behörden, insbesondere des Denkmalschutzes. "Die Kubatur stimmt, aber der Neubau nimmt wenig Rücksicht auf die alte Struktur", sagt die Kreisheimatpflegerin Susanne Poller. Der Grafrather Bürgermeister Markus Kennerknecht (Parteifrei/CSU) geht von Nachbesserungen aus.

Gemeinderat Burkhard von Hoyer (Bürger für Grafrath) hat sich an das Landratsamt gewandt. Seiner Ansicht nach entspricht die Fassade nicht den genehmigten Plänen. Insbesondere fehlten bei Fenstern und Fenstertüren die Sprossen, die die Scheiben teilen sollen, sowie Fensterläden. Der Bauherr habe offensichtlich den das Ortsbild prägenden Charakter des Objekts, sein äußeres Erscheinungsbild nicht beachtet, rügt von Hoyer. Die Kreisheimatpflegerin sagte der SZ, der Neubau müsse in der Gestaltung der Fassade dem Bestand folgen, das beziehe sich auch auf die Struktur der Oberfläche und die Farbe. Der Neubau ist zitronengelb angestrichen, wie das Gebäude mit dem Sitz der Baubetreuung GmbH in Bruck.

Die Behörden werden Nachbesserungen einfordern, teilte Ines Roellecke, die Sprecherin des Landratsamtes, mit. Die Baugenehmigung für das Mehrfamilienhaus enthalte Auflagen, die eine Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden erforderlich machen. Ziel sei, eine Beeinträchtigung des denkmalgeschützten Stadels daneben zu verhindern. "Diese Abstimmung wurden seitens des Bauherrn nicht vorgenommen, sodass sich nun am Gebäude Abweichungen gegenüber der Eingabeplanung feststellen lassen, die eine Beeinträchtigung des Baudenkmals bedeuten könnten", formulierte die Juristin, was einigen Spielraum lässt.

Mittermaier sagte der SZ, es müsse "an einigen Punkten nachgearbeitet werden" und man werde dem in Übereinstimmung mit den Behörden nachkommen. Bei dem Lokaltermin sei auch über die weitere Entwicklung des Stadels gesprochen worden. In Zusammenarbeit mit der Gemeinde wolle man ein Gutachten in Auftrag geben, das als Grundlage für das weitere Vorgehens dienen soll, erklärte er. In diesem baufälligen Nebengebäude war ebenfalls Wohnraum vorgesehen.

Das neue Hauptgebäude ist fertig. Laut Mittermeier sind von den 16 Wohnungen bereits 85 Prozent bezogen. Es handelt sich um Zwei- und Dreizimmerwohnungen, dazu zwei Maisonettewohnungen mit vier Räumen. Insgesamt dürften die 16 Appartements etwa 1200 Quadratmeter Wohnfläche haben. Auf der Homepage der Münchner Maklerfirma Huttner standen am Mittwoch noch sechs Wohnungen zum Verkauf.

Der Klosterwirt diente über Jahrhunderte als Unterkunft für Pilger. 1992 starb die letzte Besitzerin, Walli Bosch, kinderlos. Von da an ging es mit der Traditionsgaststätte bergab. Vier Jahre später wurde das Wirtshaus geschlossen, und seit dieser Zeit gibt es Pläne, den Klosterwirt wieder zu beleben. Die Auseinandersetzungen darüber spalteten Gemeinderat und Bevölkerung. Stets ging es auch um Baurecht für die angrenzende Fläche.

Im Mai 2001 lehnte der Gemeinderat Pläne für den Bau von bis zu 80 Wohneinheiten auf dem Gelände als zu gigantisch ab. Danach verhandelte die Kommune mit den Erben über einen Kompromiss, der vorsah, den Klosterwirt zu sanieren und als Landgasthof oder Hotel zu betreiben und dafür "maßvolles" Baurecht auf dem so genannten Bosch-Grundstück einzuräumen. 2008 wurde das Konzept des Forums Klosterhof mit knapper Mehrheit per Bürgerentscheid abgelehnt. Dieses hatte vorgesehen,eine Sozialstation im Klosterwirt und eine Wirtschaft im Stadel einzurichten und bis zu 70 Wohnungen zu bauen.

Eine deutliche Abfuhr bekam bei einem zweiten Bürgerentscheid 2013 der Plan einer Immobilienfirma, die von CSU und Freien Wählern ins Spiel gebracht worden war. Das Unternehmen wollte auf einer Gesamtfläche von etwa 2,6 Hektar sechs Gartenhof- beziehungsweise Atriumhäuser, zehn Reihenhäuser, zwölf Doppelhaushälften, dreizehn Einfamilienhausparzellen sowie vier Mehrfamilienhäuser mit 22 Eigentumswohnungen vermarkten.

Der Gemeinderat konnte sich aber weder untereinander noch in den Verhandlungen mit der Erbengemeinschaft auf ein Konzept einigen. Außerdem steht nur der lang gestreckte Stadel daneben mit einem böhmischen Gewölbe auf einer Seite unter Denkmalschutz. Dieses Nebengebäude stammt aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Schließlich verkaufte die Erbengemeinschaft das Anwesen. Das Münchner Projekt- und Maklerunternehmen Wohnen Huttner Immobilien und die Brucker MG Baubetreuung GmbH übernahmen die weitere Entwicklung. Im Sommer 2016 wurde die alte Wirtschaft abgerissen, im Oktober 2017 begann dann der Neubau.

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