Grafrath:Räuber feuert auf Verfolger

Nach dem Überfall auf die Postfiliale im Grafrather Edeka-Markt flüchtet der maskierte Täter zu Fuß. Ein 61-Jähriger nimmt die Verfolgung auf. Dabei gerät er unter Beschuss und wird von einem Projektil nur knapp verfehlt.

Stefan Salger

Tatort

Tatort Supermarkt. In diesem Laden an der Bahnhofstraße in Grafrath überfiel der Täter die Postfiliale und raubte einige Hundert Euro.

(Foto: Günther Reger)

Ein 61-jähriger Mann aus dem Landkreis hat großes Glück: Als er am Mittwoch mit seinem Auto einen zu Fuß flüchtenden Räuber verfolgt, der die Postfiliale in Grafrath überfallen hat, schießt dieser auf ihn - das Projektil verfehlt den 61-Jährigen nur um wenige Zentimeter und schlägt seitlich in den vorderen linken Kotflügel ein. Bei dem Schützen könnte es sich um den unter dem Namen "Waldläufer" bekannten Serientäter handeln, der in der Region bereits mehrere Geschäfte und Tankstellen überfallen hat. Die Fahndung der Polizei blieb bislang erfolglos.

Es ist 19.40 Uhr am Mittwochabend. In 20 Minuten soll der Edekamarkt Pilger an der Grafrather Bahnhofsstraße geschlossen werden. Da betritt ein Mann den Laden. Er ist olivgrün gekleidet, hat eine schwarze Motorrad-Sturmhaube über das Gesicht gezogen und fackelt nicht lange: Mit vorgehaltener Waffe fordert er von der 50 Jahre alten Angestellten Bargeld. Die händigt ihm widerstandslos ein paar Hundert Euro aus. Zu Fuß flüchtet der Täter dann Richtung Moorenweis. Dem 61-Jährigen, der mit seinem Auto unterwegs ist, fällt der immer noch maskierte Mann mit der Waffe in der Hand auf. Im Auto verfolgt er den Mann, hält dabei aber einen gebührenden Sicherheitsabstand. Am Ortsende von Grafrath wird es dem Flüchtenden zu bunt: Er dreht sich um und feuert offenbar dreimal in Richtung des Verfolgers. Aus ermittlungstaktischen Gründen will die Polizei zur Zahl der Schüsse ebenso wenig Angaben machen wie zum Kaliber der verwendeten Waffe. Vieles deutet aber darauf hin, dass der Täter, der im Wald verschwindet, nicht nur Warnschüsse abgeben wollte, sondern seinen Verfolger bewusst ins Visier nahm. Der 61-Jährige bricht die Verfolgung ab. Er ist geschockt und meldet sich bei der Polizei. Die ist bereits von der Angestellten der Postfiliale alarmiert worden. Ein Polizeihubschrauber ist wenige Minuten später am Einsatzort und kreist über Grafrath. Doch der Mann ist verschwunden. Ob er in dem Wald ein Auto oder möglicherweise ein Mountainbike bereitgestellt hat, bleibt unklar. Ein Großaufgebot der Polizei durchkämmt das gesamte Waldstück zwischen Grafrath und Moorenweis. In der Nacht wird die Suche zunächst eingestellt. Auch der Einsatz von Spürhunden und Experten der Spurensicherung am Donnerstag bleibt ohne Ergebnis.

Für den besonders großen Fahndungsaufwand gibt es neben dem abgegebenen Schuss einen weiteren Grund: Bereits am Mittwochabend hat es erste Spekulationen darüber gegeben, dass es sich bei dem flüchtigen Mann um den sogenannten Waldläufer handelt. Diesem auf 40 Jahre geschätzten Täter wird eine ganze Überfallserie zugeschrieben. Drei Mal wurde in jüngster Zeit die Aral-Tankstelle an der Bundesstraße 471 in Inning ausgeraubt. Im Oktober wurden zwei Bäckereifilialen in Geltendorf heimgesucht - dabei gab der ebenfalls mit einem olivgrünen Tarnanzug bekleidete Täter einen Warnschuss ab. Möglicherweise der selbe Täter hatte kurz zuvor eine 54-jährige Frau im Hof einer Türkenfelder Bäckerei niedergeschlagen. Und vor etwas mehr als drei Jahren war ein Supermarkt in Greifenberg überfallen worden. Einem 23 Jahre alten Verfolger schoss der Täter auf seiner Flucht gezielt aus nur zwei Meter Entfernung ins Bein.

In all diesen Fällen, in denen sich die gesamte Beute auf lediglich gut 5000 Euro summieren dürfte, flüchtete der mit einer Pistole bewaffnete Täter zunächst zu Fuß. Peter Grieser, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord, räumt mit Blick auf die ähnliche Vorgehensweise und die Bekleidung Parallelen durchaus ein. Er will aber auch nicht ausschließen, dass ein "Trittbrettfahrer" schlicht die Vorgehensweise des "Waldläufers" nachahmt. Ein weiterer Umstand könnte auf mehr als einen Täter hindeuten: Den Räuber von Inning haben Zeugen auf 1,85 Meter geschätzt, den von Grafrath aber nur auf 1,70 Meter. Gleichwohl wird sich nun die vor einigen Monaten gegründete Ermittlungsgruppe "Waldläufer" auch mit diesem Fall beschäftigen.

Mit Blick auf den Zeugen, der den Täter verfolgt hat, warnt Grieser vor zu viel Mut. Die Polizei begrüße Zivilcourage. Im Fall eines sichtbar bewaffneten Täters sei aber immer größte Vorsicht geboten. Hinweise nimmt die Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck unter 08141/612-0 entgegen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: