Grafrath:Mit Melodien predigen

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Die Konzertreihe Michael-Musiken in Grafrath ist für den Ehrenamtspreis der Landeskirche nominiert

Von Viktoria Großmann, Grafrath

Vieles im Leben ist eine Frage des Marketings. Das muss nicht schlecht sein: Ab und an kann man aus einer guten Sache mit dem richtigen Konzept eine noch bessere machen. So heißt die lose Abfolge von Konzerten in der evangelischen Michael-Kirche in Grafrath seit diesem Jahr "Michael-Musiken" und präsentiert sich im magentafarbenen Programmflyer. Darin stehen 15 Konzerte, die weit über die klassische Kirchenmusik hinausgehen. Neben Madrigalchören wurden auch Chansonsänger, Irish-Folk-Bands und das Jazz-Streichorchester Bluestrings von der Kreismusikschule eingeladen, das an diesem Samstag zu hören ist. Der Eintritt ist wie bei allen Konzerten frei. Oft versorgen die Veranstalter noch mit etwas Knabbergebäck und einem Glas Wein ihre Gäste.

Dass das alles so funktioniert, liegt am freiwilligen Engagement der Musiker und vor allem am Einsatz des Organisationsteams, zu dem Pfarrer Christian Dittmar, Kirchenvorstand Christoph Hanelt, Musikpädagogin Heila Steinmann und Chorleiter Franz Wich gehören. Für ihr Engagement sind sie nun für den Ehrenamtspreis der evangelischen Landeskirche Bayern nominiert. Dieser Preis wird im Dezember zum fünften Mal in Folge vergeben. In diesem Jahr geht es dabei um "Kontaktarbeit". Also darum, Menschen ins Gespräch zu bringen über Kirche und Glauben und darum, sie überhaupt in den Andachtsraum zu bekommen. Alles vor dem Hintergrund steigender Austrittzahlen.

Beides gelingt der Grafrather Gemeinde, die 26 Orte in drei Landkreisen umfasst, offenbar hervorragend. Erst durch die Konzerte hätten einige Leute erfahren, dass es die evangelische Kirche in Grafrath überhaupt gibt, sagt Christoph Hanelt. Der Organist ist mit seinen 25 Jahren zugleich ein Beispiel dafür, dass die Gemeinde eher nicht an Überalterung leidet. Hanelt ist mit den Kindergottesdiensten, die Heila Steinmann seit vielen Jahren organisiert, aufgewachsen. Wenn es nach ihr ginge, würde sie sogar Rockbands in dem modernen, quadratischen Kirchenbau spielen lassen.

Fürs Geistliche und dennoch Experimentelle am Programm ist Franz Wich zuständig, Schulpfarrer und Leiter des Männerchors Arte Choralis Michaelis. Er lässt seine Sänger schon mal Glockengeläut imitieren und übt mit ihnen bis zu achtstimmige Kanons ein. Die Organisatoren nutzen ihre Kontakte, um Musiker aus der gesamten Gemeinde in die Kirche zu bekommen. Mittlerweile melden sich einige von sich aus. Da musizieren dann Profis gemeinsam mit Laien - "und beide lernen hinzu", sagt Hanelt, der auch Operngesang studiert. Die Gemeinde zusammenhalten, Kultur in den Ort bringen, das sind zwei Grundsätze. Der dritte ist - klar - nicht nur die Kirche, auch das Kulturangebot ist offen für jeden. Natürlich sind Spenden erwünscht, aber keiner muss bezahlen. Pfarrer Christian Dittmar fasst es so zusammen: "Das ist wie die Brucker Tafel, nur für Kultur."

© SZ vom 12.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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