Grafrath:Die irdischen Makel geistlicher Herren

Grafrath: Signierstunde: der Grafrather Autor Heiner Graf.

Signierstunde: der Grafrather Autor Heiner Graf.

(Foto: Voxbrunner Carmen)

In seinem neuen Buch "Hoppla, Hochwürden!" versammelt der Grafrather Autor Heiner Graf 30 Geschichten über Pfarrer.

Von Manfred Amann, Grafrath

Noch vor noch nicht langer Zeit gehörten Pfarrer in den Dörfern wie Lehrer zu den Respektspersonen, von denen man vorbildliche Lebensführung annahm, denen man daher aber auch mehr auf die Finger schaute als anderen. Lustige, zum Schmunzeln anregende, aber auch nachdenklich stimmende Ereignisse und Erlebnisse mit Geistlichen lieferten daher Gesprächsstoff für Stammtische, Kaffeekränzchen, Familienfeiern und für den "Dorfratsch". Über 30 solcher Erzählungen hat Heiner Graf aus Grafrath in einem Taschenbuch unter dem Titel "Hoppla, Hochwürden!" herausgegeben, damit diese nicht in Vergessenheit geraten und in einer pfarrerlos werdenden Zeit weiterhin für humorvolle Unterhaltung sorgen.

"Oft hat uns der Großvater von früher erzählt, als es noch keine Fernseher und Handys gegeben hat", sagt der 1950 in Landsberg geborene Autor, der seit 1978 in Grafrath lebt. Die Geschichten mit und um Geistliche hätten sich besonders eingeprägt. Seit den Siebzigerjahren habe er solche Geschichten gesammelt, vielleicht auch deswegen, weil Pfarrer damals noch erheblich mehr als heute Autoritätspersonen gewesen seien, bei denen es dann ganz besonders lustig gewesen sei, wenn ihnen völlig alltägliche Missgeschicke passiert seien, oder wenn man in den Geschichten gemerkt habe: "Ein Pfarrer ist auch nur ein Mensch. Mit allen Fehlern und Talenten, die es im menschlichen Dasein gibt."

Den Alkohol als Freund

Interessant seien die Erzählungen auch deswegen, weil sich in ihnen das Leben in der damaligen angeblich "guten alten Zeit" widerspiegele. Und manche Erzählung gleicht den "Lausbubengeschichten", wie man sie von Ludwig Thoma kennt. Das vergnügliche und leicht lesbare, teils mit bayerischen Dialektworten versetzte Taschenbuch mit rund 150 Seiten beginnt mit einem "bärenstarken Lackel" als Pfarrer, der seine Schäfchen so gegen sich aufbringt, dass sie ihn beim Bischof mit einer Unterschriftenaktion anschwärzen wollen. Der Vorwurf lautet, dass der Pfarrer den Alkohol zum Freund hat und "jeden unter den Tisch saufen kann". Im Suff sei er bei einer Beerdigung bald selbst im Grab gelandet. Wahrscheinlich hätten die Männer den Pfarrer aber loswerden wollen, weil er ihnen immer wieder von der Kanzel herab die Leviten las, glaubte Heiner Grafs Großvater. Letztlich hätten jedoch die Frauen genau deswegen eine Eingabe beim Bischof verhindert.

Von einem anderen Pfarrer ist zu erfahren, dass er "wegen nicht gerade vorbildlichem Verhalten" strafversetzt worden war. Die meisten der Geschichten sind aber viel netter und lustiger. So die Erzählung "Das stille Geläut", das so betitelt ist, weil am Osterfest bei der Auferstehungsfeier die Glocken nicht läuteten, weil aufweckte Burschen die Schwengel der Glocken mit Lumpen umwickelten, so dass diese keinen Ton hervorbrachten. Wie es gewitzte Burschen damals anstellten, um aus dem Garten des Pfarrers Birnen oder Äpfel zu klauen, oder wie es gelang, einen Pfarrer in einer Keppel einzusperren ist ebenso amüsant, wie die Schilderung von einem Geistlichen, der sich quasi halb nackig aussperrte und durch ein Fenster schlüpfen musste, um wieder ins Warme zu kommen.

Grafrath: Buchausgabe von "Hoppla, Hochwürden!"

Buchausgabe von "Hoppla, Hochwürden!"

(Foto: Renate Schlögl)

Heiner Graf ist mit dem Büchlein erneut ein kleines Werk gelungen, das ebenso einen Rückblick in seine Kindheit ermöglicht, wie seine bereits erschienen Bände "Erinnerung an die Schulzeit", "Rentiere im Anflug" und "Lausige Zeit'n". Außerdem hat er mit dem Kriminalroman: "Flieg, wenn du kannst", ein weiteres Genre betreten. Schreiben und Dichten ist für Graf seit jeher eine große Leidenschaft. Als "Liedtexter" für den Andrey-Landers-Song "Sommernacht am Lag Maggiore" wurde der ehemalige Sonderpädagoge im Jahre 1995 sogar mit der deutschen Schlagertrophäe ausgezeichnet.

Das Buch ist im Ammersee Verlag erschienen. Es kostet 12,90 Euro.

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