Süddeutsche Zeitung

Grafrath:Bildungsstätte mitten im Wald

Aus der 34 Hektar großen Einrichtung wird ein Erlebniszentrum. Herzstück soll ein Gebäude werden, das wie frühere Pfahlbauten auf Stützen steht. Die Bauweise soll den Boden schonen

Von Ingrid Hügenell

Mit einem aufgeständerten Holzbau als ganzjährig geöffnetes Informationszentrum möchte die Bayerische Forstverwaltung mehr Menschen den forstlichen Versuchsgarten Grafrath bekannt machen. Der Neubau soll das ganze Jahr über Veranstaltungen und Ausstellungen im Bereich Umweltbildung und Waldpädagogik ermöglichen, die sich an der Praxis orientieren. Bereits jetzt sind wieder Führungen und Themenwanderungen in dem besonderen Wald mit seinen alten, oft exotischen Bäumen möglich.

"Noch ist der Welterlebniswald Grafrath ein Geheimtipp", heißt es in der Mitteilung zum Baubeginn. Das werde sich mit dem Neubau ändern, der bis Anfang 2022 fertiggestellt sein soll. Er soll das Herzstück des Ensembles aus mehreren Gebäuden sein, mit dem die Forstverwaltung den forstlichen Versuchsgarten stärker für die Naturbildung nutzen möchte. Nicht nur die Lage mitten im Wald sei etwas Besonderes, sondern auch das Gebäude selbst: Es steht auf Stützen und ist komplett aus Holz gebaut. Die Form erinnert an eine Astgabel mit zwei unterschiedlich dicken Zweigen. Auf der einen Seite entstehen ein Saal und Räume für Vorträge, Workshops und Ausstellungen, auf der anderen Büroräume für die Verwaltung. Die Löcher für die Fundamente sind bereits gegraben, derzeit werden die einzelnen Holzelemente in Kulmbach produziert.

Das Gebäude soll der Forstverwaltung zufolge zum Sinnbild für das Bauen mit der Natur werden. Um den gewachsenen Waldboden zu schonen und dadurch wertvollen Lebensraum für Pflanzen und Tiere zu erhalten, stehe das Gebäude wie die früheren Pfahlbauten auf ein bis 2,50 Meter hohen Stützen. Damit sich der Gebäudekomplex gut in die Umgebung mit den vielen Bäumen einfügt, wird er bei einer Wandhöhe von 3,50 Meter maximal 9,80 Meter hoch. "Durch die Aufständerung wird die Versiegelung des kostbaren Waldbodens auf ein Minimum reduziert", erklärt die Forstverwaltung. Das Regenwasser vom Dach versickere im Boden und fließe nicht in die Kanalisation.

Da die Forstverwaltung besonderen Wert auf die innovative Verwendung von Holz legt, bestehen sowohl das Tragwerk als auch die Dämmung der Holzfassade aus Holz. Das ungewöhnlich steile Dach soll die Leistungsfähigkeit des Rohstoffs zeigen. Statt klassischer Tondachziegel sollen Holzschindeln das Dach bedecken. Damit diese eine möglichst lange Lebensdauer haben, muss das Dach sehr steil sein. Das Gebäude wird barrierefrei zugänglich sein und ist vom S-Bahnhof Grafrath gut zu Fuß erreichbar.

Auf das Betreiben von August Ganghofer wurde 1881 die Königlich Bayerische Forstliche Versuchsanstalt, die heutige Bayerische Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft, gegründet. Im gleichen Jahr begann der Forstwissenschaftler Robert Hartig seine Arbeit im Grafrather Forst, der bereits mit den ersten ausländischen Baumarten bestockt war. Seither ist der Versuchsgarten auf etwa 34 Hektar Größe angewachsen. Mehr als 200 Baumarten aus aller Welt untersucht die Landesanstalt für Forstwirtschaft dort. So wachsen im Versuchsgarten unter anderen Zuckerbirke, japanische Flügelnuss, persische Eiche, Amur-Korkbaum und sogar ein Bergmammutbaum aus Nordamerika. Die Bäume sind teils weit über hundert Jahre als und entsprechend hoch.

In den Pfingstferien gibt es einige Angebote für Kinder, etwa "Lebendiges Totholz" am Dienstag, 1. Juni, von 13 bis 15.30 Uhr für Mädchen und Jungen von sieben bis elf Jahren. Und am Mittwoch, 2. Juni, können Kinder der selben Altersgruppe lernen, wie man im Wald überlebt. Von 14 bis 16 Uhr gibt es auch eine Führung für Erwachsene. Das Programm findet sich auf der Homepage des Versuchsgartens.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5306828
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 29.05.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.