Süddeutsche Zeitung

Mitten in Fürstenfeldbruck:Bemühten sich redlich

Die Kommunalaufsicht wäscht Fürstenfeldbruck den Kopf, weil die Stadt immer tiefer in die Verschuldung rutscht. Der Kämmerer drückt sich etwas diplomatischer aus.

Kolumne von Stefan Salger

In Arbeitszeugnissen sind Formulierungen sorgsam abzuwägen, sonst können sie von Arbeitsgerichten kassiert werden. Deswegen gibt es Chiffren, die Personalchefs zu deuten wissen. "Er bemühte sich redlich" kann heißen, dass jemand nicht mit großer Kompetenz geglänzt hat, jedenfalls noch reichlich Luft nach oben hat. Auch Behörden kommunizieren untereinander meist betont höflich und diplomatisch. Wird die Etikette über Bord geworfen und unverblümt Klartext geredet, dann muss es dafür schon triftige Gründe geben. So wie im Fall der Kommunalaufsicht, die der Stadt Fürstenfeldbruck nun ordentlich den Kopf wäscht, weil - sofern sich die Prognosen bewahrheiten - diese in den nächsten Jahren zu tief in die Verschuldung rutscht.

Am 24. April hatte die Stadt per Pressemitteilung noch frohlockt, dass "von der Kommunalaufsicht am Landratsamt soeben die Genehmigung des Haushalts 2022 der Stadt Fürstenfeldbruck erteilt" worden sei. Und dann tritt am Montag bei der Stadtratssitzung Kämmerer Marcus Eckert ans Mikrofon und reicht ein paar Passagen der mittlerweile vorliegenden ausführlichen Expertise nach, die aus dem Frohlocken in Windeseile Wehklagen werden lässt. Die staatliche Rechnungsprüfungsstelle am Landratsamt hat demnach festgestellt, dass ein Bestreben zur Rückführung der Neuverschuldung mit dem Ziel eines ausgeglichenen Haushalts "nicht ansatzweise zu erkennen" sei. Die dauernde Leistungsfähigkeit wird "als gefährdet" eingestuft, die im weiteren Finanzplanungszeitraum eingestellten Kreditaufnahmen "überwiegend als nicht genehmigungsfähig". Die Kommunalaufsicht schlägt in die gleiche Kerbe, mahnt "Haushaltswahrheit" und "seriöse Finanzplanung" an und klagt, die Mehrheit des Stadtrats beachte die Haushaltsgrundsätze "nicht in ausreichendem Maße". Marcus Eckerts fachkundige Deutung: Fürs laufende Jahr kommt Fürstenfeldbruck noch mal mit einem blauen Auge davon, weil die Kommunalaufsicht mit Blick auf die schwierigen Zeiten der Corona-Pandemie ihre Ermessensspielräume ausgeschöpft hat. Das dürfe man aber nicht als Freibrief für ein Weiter-so verstehen. Klingt, als habe der Kämmerer den Stadträten durch die Blume gerade ein "Bemühten sich redlich" attestiert.

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