Süddeutsche Zeitung

Gleichberechtigung:Unmut über die Männer-Kirche

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Katholische Frauen befürworten die bundesweiten Streiks und die Forderungen nach Veränderungen

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Unter dem Motto Maria 2.0 haben katholische Frauen in dieser Woche bundesweit gestreikt. Sie stellten ihre ehrenamtliche Arbeit ein, betraten keine Kirchen und feierten Gottesdienste ohne Priester im Freien. Sie fordern den Zugang von Frauen zu allen Kirchenämtern und die Aufhebung des Zölibats. Im Landkreis beteiligte sich zwar niemand, aber nur aus organisatorischen Gründen. Der Unmut über die Hierarchie wird auch in den hiesigen Frauengruppen geteilt.

Die bundesweite Bewegung ist in der Heilig-Kreuz-Gemeinde in Münster entstanden und wird von der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD) und dem Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB) befürwortet. "Wir reden nicht von Kavaliersdelikten, sondern von dauerhafter geschlechtlicher Diskriminierung und einem hoffnungslos veralteten, machtverkrusteten Apparat", sagt Mechthild Heil, KFD-Bundesvorsitzende. Ein weiterer Kritikpunkt sind die Missbrauchsfälle, Aufklärung wird gefordert.

"Den Unmut teilen wir", sagt Gertrud Englert, Leiterin der Brucker KFD-Gruppe, der etwa 125 Frauen angehören. Ohne das Engagement der Frauen wäre von der Kirche "nicht viel übrig". Sie stellten die Mehrzahl beim Kirchenbesuch, unter den Ministrierenden sind die Mädchen längst in der Überzahl. In den Pfarrgemeinderäten von Sankt Bernhard und Sankt Magdalena haben Frauen klare Mehrheiten. Bloß Pfarrerinnen oder Bischöfinnen gibt es nicht. Bei ökumenischen Zusammenkünften werde ihnen das besonders bewusst, weil es in der evangelischen Kirche längst anders ist, erzählt Englert. "Es ist schwer zu ertragen", lautet ihr Fazit.

Der katholische Frauenbund ist im Landkreis mit einem Bezirksverband und fünf Zweigvereinen in Eichenau, Kottgeisering, Maisach, Mammendorf und Olching vertreten, beteiligt sich aber ebenfalls nicht am Streik. Bezirksleiterin Sieglinde Nubert betont, dass sich der Verband lediglich aus organisatorischen Gründen nicht an der Aktion beteiligt. "Inhaltlich finden wir das unterstützenswert, denn es muss sich was bewegen", sagt sie. Nubert hat in München im Vorjahr an einem Schweigemarsch für ein weibliches Diakonat teilgenommen. Sie findet es unmöglich, dass Theologinnen mit der gleichen Ausbildung wie männliche Priester alle Weiheämter versagt bleiben. Als erster Schritt müsse das Diakonat zugänglich gemacht werden. "Wir reden immer nur, aber das reicht nicht, wenn sich nichts ändert", rügt die KDFB-Bezirksvorsitzende.

"Wir befürworten den Streik, auch wenn wir nicht mitmachen", sagt Brigitte Schwaninger, Leiterin der Olchinger Gruppe. Die Verhältnisse in der Kirche seien kritikwürdig. Der Unmut habe sich bei ihr und vielen Frauen über die Jahre langsam entwickelt, ausschlaggebend dafür, dass der Ärger sich jetzt in Aktionen Luft macht, seien die Missbrauchsfälle und das Vorbild der Schüler, die für Klimaschutz demonstrieren. Schwaninger findet es unverständlich, dass sich die Kirchenhierarchie so gegen Veränderungen sperrt.

Um Geduld bittet hingegen Martin Bickl, der katholische Dekan von Fürstenfeldbruck: "Die Mühlen der Kirche sind bekanntlich nicht die schnellsten." Dass die Frauen diese Themen beschäftigen, kann er verstehen. Bickl bestätigt, dass die ehrenamtliche Tätigkeit überwiegend von Frauen geleistet wird, zu 90 bis 95 Prozent, schätzt er. In den höheren Stellen im Erzbischöflichen Ordinariat in München wachse der Frauenanteil ebenfalls. Dass die Frauen wenigstens zum Diakonat zugelassen werden, sei auch Thema in der deutschen Bischofskonferenz, zumal es in den Anfängen der Kirche durchaus Diakonissen gegeben habe. Aber es gebe in den Gemeinden auch Ablehnung eines weiblichen Priestertums. Deshalb finde ein Abwägungsprozess statt.

Was die Missbrauchsfälle betrifft, könne er die Erwartungen der Betroffenen und ihrer Angehörigen verstehen. Das Ordinariat aber versichere, dass alles getan wird, um diese Fälle ordentlich aufzuarbeiten. Bickl warb auch um Verständnis für die Schwierigkeit der Aufarbeitung, weil die Beweislage oft nicht klar und eindeutig ist.

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SZ vom 18.05.2019
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