Gitarrenkonzert:Klangliche Verdopplung

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Die "Katona Twins" gastieren in Gröbenzell

Von Klaus Mohr, Gröbenzell/Planegg

Bei Duo-Formationen in der Kammermusik mit dem gleichen Instrument dominieren nahe familiäre Bindungen: Oft sind es Geschwister oder Ehepaare, die da gemeinsam musizieren. Bei den "Katona Twins" mit den aus Ungarn stammenden Gitarristen Peter und Zoltán Katona handelt es sich nicht nur um "normale" Geschwister, sondern um Zwillinge. Damit erreicht die gemeinsam verbrachte Lebenszeit einen nicht zu übertreffenden Spitzenwert. Solche Biografien beinhalten oft auch sehr ähnliche Erfahrungen und Begabungen.

Bei den Katona Twins, die am Samstag bei der Gröbenzeller Konzertreihe in der Rudolf-Steiner-Schule und am Tag zuvor in der Reihe der Kupferhauskonzert in Planegg auftraten, gehen die Gemeinsamkeiten äußerlich sehr weit: Beide haben die gleichen Gitarren, und ihre schwarzen Hemden unterschieden sich nur so minimal, dass es ab der fünften Reihe nicht mehr unterscheidbar war.

Was auf Äußerlichkeiten zutraf, hatte seine Entsprechung in der Musik: Die Art zu spielen, Phrasen zu gestalten und stilistisch angemessen Ausdruck zu finden, war zwischen den zwei Brüdern absolut identisch. Insofern ergab sich mehr ein Stereoeffekt für die Zuhörer, wenn die beiden die Rollen nahtlos tauschten. Die Führung lag zwar dann nicht in einer Hand, erweckte aber dennoch den Eindruck, sie sei ungeteilt.

Was das Spiel der Gitarristen besonders auszeichnete, war die scheinbar fließende Grenze zwischen den musikalischen Parametern Rhythmus und Melodie: Die Katona Twins variierten das Anzupfen und Anschlagen der Saiten derart virtuos, dass sich auch direkt aus Melodieverläufen rhythmische Akzentuierungen ergaben. Das sorgte nicht nur für Abwechslung, sondern formte beeindruckend ein musikalisch Ganzes. Der Hörer hatte immer den Eindruck, dass hier Musik aus dem zugrunde liegenden Ausdruck heraus entstand und nicht zunächst aus der instrumentalen Realisierung.

Da das Originalrepertoire für zwei Gitarren nicht allzu reich ist, erklangen neben Originalwerken auch Bearbeitungen, die sämtlich von den Katona-Zwillingen stammten. Einen Schwerpunkt bildeten dabei spanische und spanisch inspirierte Kompositionen aus dem 19. und 20. Jahrhundert.

Drei Stücke von Isaac Albéniz eröffneten den Abend: In "Evocación" wurde die Melodie von rhythmischen Impulsen der zweiten Gitarre quasi angeheizt. Der sehnsüchtige Gestus fand in einer tonal schwer einzuordnenden, quasi impressionistischen Harmonik eine adäquate Entsprechung. "El Puerto" lebte primär von Wärme und Vitalität, so dass man glaubte, die Sonne "hören" zu können. Dazu lieferten das fließende Tempo, die kraftvollen Klänge und das eng verzahnte Spiel der beiden Gitarristen die musikalische Basis.

Mit dem Stück "Asturias" zog endgültig spanisches Flair in den Konzertsaal ein. Die zarten und mit viel Einfühlungsvermögen vorgetragenen Klänge füllten den Raum auf wunderbare Weise aus. Die Motive der einen Gitarre wurden durch das Klopfen in verschiedener Schlagtechnik auf Zargen und Korpus der anderen ideal ergänzt, so dass man glaubte, das Geklapper von Kastagnetten hören zu können.

Georg Friedrich Händels Chaconne mit 21 Variationen in G-Dur HWV 435 erfordern als barockes Werk einen ganz anderen Zugriff. Die Brüder Katona begegneten dem raschen Laufwerk mit Virtuosität, ohne dass die Struktur der Harmonien gelitten hätte. Leider versahen sie das konstante Tempo mit derart vielen Rubati, dass der Charakter im romantischen Klangbad auf der Strecke blieb.

Wieder ganz in ihrem Element waren die Katona Twins nach der Pause in einer Eigenkomposition sowie Werken der Spanier Enrique Granados und Manuel de Falla. Stilistisch überzeugend in der intim-verträumten Stimmung war auch die "Bohemian Rhapsody" der Gruppe Queen. Viel Beifall und Zugaben am Ende.

© SZ vom 29.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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