Getrübtes Freizeitvergnügen:Gefährlicher Flow

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Selbst für einen erfahrenen Skater wie Nico Frank stellt die Fürstenfeldbrucker Anlage zum Teil eine Herausforderung dar. Für Kinder wie Jugendliche sei der Park aber schlicht zu komplex, kritisiert der 22-Jährige. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Brucker Skatepark ist für Anfänger zu anspruchsvoll. Deshalb beantragt der Stadtjugendrat eine Erweiterung. Bürgermeister Erich Raff zeigt sich aufgeschlossen, kann zu den Erfolgsaussichten aber noch nichts sagen

Von Christian Lamp, Fürstenfeldbruck

Wie eine große Betonskulptur, deren eintöniges Hellgrau mittlerweile durch farbiges Graffiti durchbrochen wird, liegt der Brucker Skatepark in der Wiese neben dem Hubschrauberlandeplatz bei der Freiwilligen Feuerwehr. Die glatte Oberfläche, die in angenehmen Kurven regelrecht zu fließen scheint, wird nur ab und zu von harten Kanten angehalten, die sich zu Boxen oder wellenkammgleichen Wänden verdichten. Beton als zweite Natur: Die Ästhetik fließenden Wassers scheint diesen Skatepark zu den besseren seiner Art zu machen. Was sich den Augen des interesselosen Betrachters als spielerisch ineinander übergehende Linien darbietet, sind exakt die "Lines", die von den interessierten Skatern möglichst nahtlos gefahren werden.

Von einem "Haufen Flow" in dem "hervorragenden Park" berichtet ein anonymer Rezensent im Internet, man habe hier "mehr Möglichkeiten für Einzeltricks als in manch einer großen Skatehalle". Das verantwortliche Unternehmen Minus Ramps nennt jene Art von Parks entsprechend "Flow-Street Parks", die zu diesem Zweck tatsächlich aus einem Guss sind. Auch der Brucker Nico Frank, 22, der seit zehn Jahren Skateboard fährt, schließt sich zunächst dem Lob aus dem Internet an. Es sei schon ein guter Park sagt er, doch dann folgt das Aber: zu hoch, zu steil, nichts für Anfänger. Zwar sei die lokale Szene bei der Planung vor sieben Jahren berücksichtigt worden, aber Minus Ramps wolle eben immer "spezielle" Parks bauen. Dann kommt ein Park heraus, der für fortgeschrittene Fahrer extrem vielfältig und ergiebig ist, aber gerade das nicht einhalten kann, was für einen lokalen Park in der Region zentral ist: anfängerfreundlich zu sein. Von einem Highlight vor der Haustür, das man nicht angemessen nutzen könne, habe man auch nichts.

Selbst Frank als erfahrener Skater könne nur um die vier Tricks an den 1,80 Meter hohen "Quarters" machen, wie er berichtet. Für Kinder und Anfänger sei der Park schlicht zu komplex, es gebe keine kniehohen Features, an denen man Tricks lernen könnte. Durch den nach dem Flow-Prinzip angelegten Park bekämen die Anfänger zwar eine gute technische Fahrgrundlage, aber eben keinerlei Basics im Trickbereich. Dazu kommt, und das folgt ebenfalls aus der Konstruktion, dass die synchrone Benutzung durch mehrere Fahrer kaum möglich ist. Was an sich fortgeschrittenen Fahrspaß produziert, provoziert hier häufige Stürze und Unfälle. Denn trotz des Schwierigkeitsgrades ist der Park nicht nur aus Mangel an Alternativen bei der lokalen Szene sehr beliebt, zumal diese immer mehr nicht nur Skateboarder und BMXer, sondern auch Inline-Skater, Mountainbiker und Scooterfahrer mit einschließt. Nicht jeder könne, so Frank, mit dem Auto auf andere Parks in der Gegend München ausweichen. Und das könne ja auch nicht das Ziel sein.

Deshalb hat sich der Brucker Jungunternehmer, der schon länger als Selbständiger in der Social-Media-Branche tätig ist, der Sache angenommen. Insbesondere den sogenannten "Wackerplatz", einen Streetpark in Sendling, hat er als einstiegsfreundliche Alternative ausgemacht, die er so zumindest ansatzweise auch nach Fürstenfeldbruck transportieren will. Dazu hat er sich von der Stadtplanung die offiziellen Pläne besorgt, um von "einigen professionellen Skatepark Unternehmen", wie er meint, Kostenvoranschläge einzuholen. Auf dieser Basis hat dann der Stadtjugendrat, vertreten durch Thomas Heiß, Katharina Stadlmayer und Julian Pelloth, zusammen mit Frank einen umfangreichen Sachantrag zur "Erweiterung des Skateparks in Fürstenfeldbruck" ausgearbeitet. Im Antrag ist die Rede von der Überfüllung, durch die es "des Öfteren zu Unfällen" komme. Und vom Schwierigkeitsgrad, denn durch das gehobene Niveau des Parks könne kaum ein Kind Neues lernen und sich "kreativ entfalten". Auch Frank spricht vom ungenutzten Potenzial der "Kids", die wie beispielsweise Tim, der seit rund sieben Jahren skatet, im heimischen Park dennoch stagnierten.

Daher sei es nötig, das Problem "zeitnah" durch einen Anbau oder eine zweite Skateanlage zu lösen. Für den Antrag kommt allerdings nach dem Prinzip "Eine Skate Szene - eine Skate-Anlage" nur ein Anbau zum bereits Bestehenden in Frage. Favorisiert wird von den Skatern die Variante, wonach die gesamte verfügbare Fläche von 730 Quadratmetern verbaut werden soll. Alternativ würde sich der Stadtjugendrat auch mit 480 beziehungsweise 470 Quadratmetern zufrieden geben. Als Preis für die derartige Zufriedenstellung der lokalen Skateszene veranschlagen die Initiatoren neue Kosten von 90 bis 140 000 Euro, allerdings ohne den gegebenenfalls nötigen Erdbau. Dafür könne man dann aber genug grundlegende Features einbauen, um räumliche Entzerrung und kreative Entfaltung für alle Niveaus sicherzustellen und gleichzeitig den einheitlichen Treffpunkt der Szene beizubehalten.

Auch Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) konnte Frank schon von dieser Notwendigkeit überzeugen. Grundlegend sei er "immer bereit", was für die Jugend zu machen, sagt Raff. Der Skatepark bringe sie dazu, sich sportlich zu betätigen, das könne man nur unterstützen. Zu den Erfolgsaussichten des Antrags allerdings könne er "gar nichts sagen momentan". Die Eigentumssituation der benötigten Grundstücke sei noch nicht endgültig geklärt. Und als Bürgermeister gilt natürlich auch für ihn: Am Ende kommt es auf den Preis an. Der interesselose Betrachter des Skateparks hingegen hofft lediglich, dass der Anbau nicht das ästhetische Wohlgefallen am fließenden Beton stören wird.

© SZ vom 25.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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