Gesundheitsvorsorge:Kleiner Pieks, der im Alter schützt

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Ein Pilotprojekt des Gesundheitsamts Fürstenfeldbruck in Jesenwang soll die Immunisierungsquote unter Senioren verbessern. Im Erfolgsfall soll es auf den gesamten Landkreis ausgeweitet werden

Von Julia Bergmann, Jesenwang

Mit einem Pilotprojekt will das Brucker Gesundheitsamt Senioren in Jesenwang auf die Bedeutung von Impfungen im Alter aufmerksam machen. Denn für Menschen über 60 können Krankheiten, die durch eine einen kleinen Pieks vermeidbar wären, schnell lebensbedrohlich werden. In drei Monaten soll ausgewertet werden, ob die Zahl der Impfungen bei den Senioren im Ort gestiegen ist. Sollte das der Fall sein, so soll das Projekt auf den gesamten Landkreis ausgeweitet werden.

Initiiert hat das Pilotprojekt die SPD-Landtagsabgeordnete Kathrin Sonnenholzner. Bei einem Besuch ihrer Eltern in einem Pflegeheim und einem Blick in deren Impfpass sei ihr aufgefallen, dass sich seit zehn Jahren niemand um notwendige Auffrischungen gekümmert hatte. Das erklärt Rudolf Summer, Leiter des Fürstenfeldbrucker Gesundheitsamts, den 20 Besuchern im Seniorenheim Jesenwang am Mittwoch. "Die Personengruppe über 60 ist die am schlechtesten geimpfte", sagt Summer. Schlecht sei es deshalb, weil im hohen Alter bei bestimmten Infektionen besonders häufig Komplikationen auftreten. Die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts empfiehlt für Menschen über 60 die jährliche Grippeimpfung, die Pneumokokken-Impfung sowie die Immunisierung gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten.

Warum die Immunisierung im Alter so wichtig ist, verdeutlicht Summer beispielhaft an der Grippe. Weil sich das Virus sehr schnell verändert, wird jedes Jahr ein neuer Impfstoff entwickelt. Im vergangenen Jahr gab es laut Summer einen Dreifach- und einen Vierfachimpfstoff. Doch nur der Vierfachimpfstoff habe ausreichend vor der Infektion geschützt. Deshalb habe es im Herbst und Winter mit etwa 40 000 gemeldeten Ansteckungen fast doppelt so viele gegeben, wie im vergangenen Jahr. Auch die Zahl der durch die Grippe verursachten Todesfälle lag mit 216 außergewöhnlich hoch. Zurückzuführen seien diese Todesfälle oft auf Komplikationen. Dazu gehört etwa die Herzmuskelentzündung. Tritt sie bei älteren Menschen auf, ist das besonders gefährlich, weil mit zunehmendem Alter die Immunabwehr sinkt.

Bei der anschließenden Fragerunde der Zuhörer im Seniorenheim stellt sich heraus, dass ein guter Teil der Bewohner bereits jährlich zur Grippeimpfung geht. Eine Frau hat sogar ihren Impfpass mitgebracht, um sich später von Andrea Hertlein und Claudia Eichhorn vom Gesundheitsamt beraten zu lassen. Viele andere erzählen, dass sie ihren Impfpass verloren hätten und sich nicht mehr daran erinnerten, wann sie zuletzt die anderen empfohlenen Impfungen bekommen haben.

"In der Regel liegt der Fokus bei diesem Personenkreis auf anderen Gebrechen", sagt Summer. Routinemäßiges, wie Impfungen, gerate darüber häufig in Vergessenheit. Das hätten auch viele der etwa 60 Besucher bei der Infoveranstaltung am Vortag bestätigt.

Der Jesenwanger Hausarzt Hans-Josef Wainryb erklärt, dass sich die Senioren häufig noch gut an Impfungen der vergangenen sechs bis sieben Jahre erinnern können, an alles weiter Zurückliegende weniger. Hat es in diesem Zeitraum keine Spritze gegen, empfehle er häufig eine entsprechende Auffrischung. In speziellen Fällen könne es auch sinnvoll sein, die sogenannten "Impftiter" eines Patienten bestimmen zu lassen. Diese geben Auskunft darüber, ob noch ein ausreichender Impfschutz vorhanden ist. Die Kassen zahlen die Blutuntersuchung allerdings nicht.

Das Jesenwanger Pilotprojekt findet in Zusammenarbeit mit dem ärztlichen Kreisverband, den niedergelassenen Ärzten in Jesenwang und Umgebung und dem Seniorenheim sowie der Apotheke in Moorenweis statt. In den kommenden drei Monaten wird die Entwicklung der Impfzahlen beobachtet, um Veränderungen zu erkennen. Der Jesenwanger Heimleiter Thorsten Kopplin und Wainryb loben das neue Projekt. Beide hoffen, dass die Impfquote durch die Aufklärungsarbeit des Gesundheitsamts deutlich steigt.

© SZ vom 13.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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