Gernlinden:Trumps Klone

Klimakatastrophe, Doping und natürlich der US-Präsident: Der Gernlindener Faschingszug lässt die großen Themen dieser Welt nicht aus. Dennoch ist die Atmosphäre bei der zweistündigen Veranstaltung nicht großspurig, sondern sehr familiär

Von Karl-Wilhelm Götte, Gernlinden

Dicht gedrängt, in Fünferreihen, stehen die Besucher im Gernlindener Ortszentrum an der Straße, als der Fanfarenzug Gernlinden am Sonntagnachmittag zum Start des Faschingszuges bläst. Die meisten Zuschauer verfolgen verkleidet den Faschingshöhepunkt im Ort. Tierkostüme dominieren. Ob Hasen, Hühner, Pinguine oder Leoparden - alles ist vertreten. Auf 4000 Besucher schätzten die Veranstalter vom Gernlindener Ortskartell der Vereine die Zuschauerzahl an einem milden Februarsonntag. Vor allem der neue US-Präsident Donald Trump gab Anlass für gleich mehrere Motivwagen und Gruppen, ihn durch den Kakao zu ziehen.

So sticht der riesige "Trump-Tower" der Gernlindener Feuerwehr heraus. Vorne drauf sitzt ein mürrisch dreinschauender Trump. Um ihn herum laufen verkleidete Mexikaner, denen in Erwartung einer monströsen Mauer die Sympathie der Macher gehört. "We don't need Trump, we have Elephant", höhnt die Fußgruppe der "Estinger Elephanten". Unübersehbar auch die großen Motivwagen der Gernlindener Schürzenjäger und der Haberfeldtreiber. "Uns wundert gar nichts mehr", texten die Schürzenjäger. "Make the Wonderland great again" wandeln die Haberfeldtreiber Trumps Wahlslogan an.

Gernlinden: Faschingsumzug /Fasching /Faschingszug

Klar, dass es nur "Gernlinden first" heißen konnte, wenn Donald Trump samt Sohnemann Barron und Freiheitsstatuen beim Faschingszug mitmischten.

(Foto: Johannes Simon)

Elf Frauen in türkisfarbenen Kostümen laufen als Freiheitsstatuen verkleidet zwischen den Wagen. "Die Freiheitsstatue nimmt Reißaus, denn Trump sitzt im weißen Haus", reimen die Gernlindener Faschingsweiber um Ute Zimmermann. Für sie lag das Thema Trump für den Faschingszug auf der Hand. "Seit Anfang des Jahres haben wir die Kostüme genäht."

In der Graf-Toerring-Straße fährt der Zug quasi durch die Vorgärten. Hüben wie drüben feiern die Anwohner mit Getränken und Bratwürsten mit. "Wir machen das jedes Jahr zusammen mit den Nachbarn", erzählt Rosi Guth vor der hauseigenen "Getränkebar". Schräg gegenüber ist sogar das Haus verkleidet. Ganz oben hängt eine riesige Breze, und die Fensterläden sind großflächig dekoriert. "Das ist unser Hexenhaus", sagt "Oberhexe" Judith Verstl stolz, als die "Lady Gracha's" aus Gernlinden vorbeikommen, die jedes Jahr durch außergewöhnliche Kostüme auffallen. Diesmal sind sie die "Puderrosa-Ranch". Zwölf Frauen und ein Kind laufen in knalligen Rosa als Pferdchen durch die Straßen. "Die Trabrennbahn soll ja bald kommen, da sind wir die ersten Pferdl", klärt Organisatorin Petra Oswald schmunzelnd auf.

Viele Familien mit Kindern sind am Straßenrand. Auch die Kleinsten sind damit beschäftigt, ihre Beutel hoch zu halten, um die Mengen an geworfenen Bonbons und Lutschern aufzufangen und aufzulesen. Hinter dem Wagen des Faschingskomitees Olching, das eine Testfahrt für den Olchinger Umzug macht, kommen Gernlindener Grundschüler mit einem ernsthaften Anliegen. "Lkws raus aus dem Ort - ihr treibt sonst die Kinder fort", lautet die Botschaft der 30 Kinder, die alle einen Lkw aus Pappe um den Körper herum tragen und viel Beifall von den Zuschauern bekommen. Der Kellerclub Gernlinden widmet sich dem Dopingproblem im Sport und den angeblich gedopten russischen Turnerinnen. Dafür steht eine Riesenspritze, die oben auf dem Wagen montiert ist. "Mit der Spritze an die Spitze" heißt die Parole der Doper. Der Emmeringer Burschen- und Madlverein warnt mit seinem Wagen vor der Klimakatastrophe. "Ob der Eisbär hoch noch auf der Scholle chillt, wenn die Menschheit die Erde killt?", fragen die Macher in Eisbärenkostümen.

Der Burschenverein Jesenwang kommt bierselig daher und macht Werbung für "Malle". Bierkönig und Schinkenstraße sind ihm wichtig. Als der Zug in die Maisacher Straße einbiegt, lichten sich die Zuschauerreihen zunächst etwas. An der Ecke zur Frühlingsstraße hat sich wieder ein größerer Pulk versammelt. Auch "Grillmeister" Marc Wesner und Nachbar Hansi Fischer haben alle Anwohner wieder zum Straßenfest geladen. "Es sind überwiegend einheimische Gruppen dabei. So ist alles familiär und überschaubar", kommentiert Christian Kemether, der Vorsitzende des Ortskartells, das fast zweistündige Zuggeschehen zufrieden.

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