Germering:Zu Viert nach New York

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Business und Haushalt: Michaela Hanser (links) und Angelika Mann auf der Bühne der Stadthalle. (Foto: Johannes Simon)

Ein amüsanter Abend über die Wechseljahre

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Besonders die vielen Frauen unter den 500 Besuchern in der Germeringer Stadthalle hatten spürbar diebisches Vergnügen daran, dass hier gleich vier Frauen alles aufbieten, was Frauenleben, Frauenkönnen und Frauenpower hergeben: Weisheit, Witz, Langmut, Verzweiflung und ein großes Herz. Ort der Handlung von "Heiße Zeiten - Wechseljahre", einem zweistündigen "musikalischen Hormonical", wie es Autor Tilmann von Blomberg nennt, ist eine Flughafenhalle. Hinter der rückwärtigen "Glasfront" steht einladend der Riesenflieger. Vier Frauen warten auf ihren Flug nach New York, der sich bis zum Stückende immer wieder verzögert.

Die Businessfrau (Charlotte Heinke), die in New York Geschäfte erledigen muss oder Möchtegernmutter mit tickender Bio-Uhr (Susanne Eisenkolb), die in den USA sich künstlich befruchten lassen will. Dann die vornehme, emotionsneutrale Endfünfzigerin im Chanel-Kostüm (Michaela Hanser), die von ihrem Vater im Altenheim genervt wird und bei der am Ende doch die Wildheit durchbricht. Schließlich die Hausfrau, die von Angelika Mann, dem ehemaligen DDR-Rockstar virtuos gespielt wird. Sie will mal - allerdings mit schlechtem Gewissen - eine Woche ausspannen von ihrem langjährigen Ehemann Fritz, der jetzt mit der Spülmaschine alleine klarkommen muss ("Die blauen Tabs sind die Klosteine, Fritz."). Sie alle folgen dann aber doch nicht den üblichen Klischees. Sie entdecken, dass man auch ohne Kinder gut leben, die Antifalten-Schönheits-Pfirsichcreme sogar essen und nach New York fliegen kann, egal, wie hilflos der Gatte zu Hause herumtollt.

Ob Blasen- oder Gedächtnisschwäche, unerfüllter Kinderwunsch, Beziehungsprobleme, Alt-Vater-Pflege oder Jung-Töchter-Besänftigung - sie stellen sich der Realität, weil die Wechseljahre ihren Schrecken verlieren.

"Ich freu' mich auf die Wechseljahre, das sind die fetten Jahre, die süße Zeit, die mich befreit", wird auf die Melodie von "Is This The Way To Amarillo?" von Tony Christie gesungen. Immer wieder werden in "Heiße Zeiten" genauso ironisch-kritische wie witzige deutsche Texte von der Autorin Bärbel Arenz den Melodien der musikalischen Evergreens unterlegt. In "Downtown" von Petula Clark wird die penetrant-verlogene Werbung aufs Korn genommen. Werbun. Grandios auch, wie "Pretty Woman" von Roy Orbison zu "Busy Woman" wird. "Lebe wohl du Spießigkeit, wir heben ab, die Leinen los", wird "I Will Survive" von Gloria Gaynor umgedichtet.

Zu jedem Musikstück haben die vier Protagonistinnen eine witzig-originelle Choreografie einstudiert, die den Saal zum Mitklatschen animiert. Ein sehr amüsanter Abend, bei dem die Männerwelt leiden muss, aber auch in schöner Selbstironie die eigenen Frauenschwächen offen gelegt werden.

© SZ vom 27.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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