Germering:Wucherpreis fürs Türöffnen

Amtsrichter verurteilt Subunternehmer eines Schlüsseldiensts

Von Ariane Lindenbach, Germering

Schlüsseldiensten eilt der Ruf voraus, gesalzene Rechnungen auszustellen - vor allem abends und am Wochenende. Dass das kein Gerücht ist, hat ein Germeringer an einem Samstag im Juli erlebt. 414,12 Euro zahlte der 31-Jährige dafür, dass seine Wohnungstür in wenigen Minuten geöffnet wurde. Das sei eindeutig Wucher, findet ein Richter am Amtsgericht. Er spricht den 21-jährigen Subunternehmer am Donnerstag schuldig und verhängt eine Geldstrafe von 900 Euro. Darüber hinaus muss der in Essen lebende Angeklagte dem Germeringer das Geld zurückzahlen.

Es ist Samstag gegen 17 Uhr, als der Germeringer merkt, dass er weder Wohnungsschlüssel noch Handy eingesteckt hat. Wie der Germeringer in der Verhandlung berichtet, bat er seinen Nachbarn um Hilfe. "Der hat die erstbeste Nummer genommen, eine 0800er-Nummer", dort habe man etwa 30 Minuten Wartezeit angekündigt. Als der Angeklagte kommt, ist es 19.30 Uhr. "Ich habe mich schon auf einen gewissen Preis eingestellt", mit vielleicht 150 Euro habe er gerechnet. Dem Germeringer zufolge nannte der Angeklagte zunächst etwa 250 Euro als Preis, abhängig vom Schloss. Doch in dem Moment habe ihn der Preis kaum interessiert. "Ich war eigentlich nur happy, dass jemand gekommen ist und mir die Tür aufmacht.

Laut der Schilderung des Germeringers ließ ihn der 21-Jährige eine vorgedruckte Rechnung unterschreiben, auf der dieser die einzelnen Kostenpunkte angekreuzt hatte. Allein der Zuschlag für Samstag von 18 Uhr an betrug 159 Euro. Der Germeringer unterschrieb, der Angeklagte öffnete mit einem Draht in wenigen Minuten die Tür, und sein Auftraggeber zahlte direkt auf dem mobilen EC-Gerät. Erst im Gespräch mit seinem Nachbarn sei ihm bewusst geworden, wie teuer der Service war.

Dieser Darstellung widerspricht der Angeklagte nicht. Allerdings ist er mit seinem Anwalt der Meinung, sein Preis sei gerechtfertigt. Die 250 Euro, die er anfangs genannt habe, seien ohne Mehrwertsteuer, ergänzt der Angeklagte, der keine Berufsausbildung hat, als Subunternehmer von 1000 Euro Festgehalt lebt und für den Verhandlungstermin mit dem Auto aus Essen angereist ist. Wie sich herausstellt, war er damals für zwei Wochen im Raum München beschäftigt. Die Kosten dafür musste er aus eigener Tasche zahlen.

Richter Martin Ramsauer und der Staatsanwalt sehen den Germeringer damals einer Zwangslage ausgesetzt, die der Angeklagte ausgenutzt habe. Der Verteidiger sieht das naturgemäß ganz anders und beantragt einen Freispruch. Doch der Argumentation folgt der Vorsitzende nicht. Er spricht den Angeklagten des Wuchers schuldig. Die lange Wartezeit und das Nennen eines niedrigeren Preise deute auf Taktik hin. Und verglichen mit ortsüblichen Tarifen von 130 Euro seit der Preis "weit überhöht".

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