Germering:Wie am Traumstrand

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Die "Jazzy Moments" harmonieren so gut, dass selbst Gegensätzliches wie aus einem Guss wirkt. (Foto: Günther Reger)

Die "Jazzy Moments" verzaubern ihr Germeringer Open-Air-Publikum

Von Sonja Pawlowa, Germering

Wer hätte gedacht, dass sich die Laderampe der Germeringer Stadthalle in einen sommerlichen Sehnsuchtsort verwandeln könnte? Beim Konzert der Jazzy Moments konnte das Publikum sich in einen kleinen Urlaub entführen lassen, der sie von den Weiten Amerikas und den Stränden Brasiliens träumen ließ. Der Jazz-Abonnent Josef Kraus ist auf alles gefasst. Er hat bei den Studio-2-Konzerten des Bayerischen Rundfunks kritische Zuhörer und beim Bregenzer Jazz-Festival Auftritte in Regenmänteln erlebt. Vom Wetter wird er in Germering schon mal nicht enttäuscht. Als die fünfköpfige Band Jazzy Moments die Bühne betritt und die musikalische Reise mit Evergreens wie Duke Ellingtons "Take the A-Train" einleitet, sind er und das Publikum bereits überzeugt. Es wird mitgeklatscht, sogar getanzt - wenn auch nur von einer Mutter mit dem kleinen Sohn und natürlich mit Maske.

Die Leiterin der Stadthalle Medea Schmitt und ihr Team haben den Wohlfühl-Abend am Bühnenhof durch ein Open-Air-Festival möglich gemacht. Wo normalerweise Lieferlaster kurven und Mülltonnen entleert werden, ist ein musikalisches Paradies entstanden. Zum ersten Mal in diesem Sommer kann der Platz hinter der Stadthalle wie ein Atrium für Freilicht-Konzerte genutzt werden, denn am Eröffnungsabend erzwang der starke Regen ein Ausweichen auf den Amadeussaal. Nicht alle Gäste vermögen den Bühnenhof der Stadthalle mühelos zu finden. Medea Schmitt erzählt, dass es Versuche gab, unter den Platanen auf dem offenen Platz bei der Bibliothek Konzerte zu veranstalten. Es scheiterte an der Akustik. Die perfekte Architektur fand sich beim Ladehof. Die Ausstattung mit Liegestühlen, Palmen und einer Bar machen aus dem Bühnenhof ein Open-Air-Kleinod. Den entscheidenden Beitrag leistet jedoch die Musik.

Alfred Lorenz wechselt nicht nur sein Tenorsaxofon und Baritonsaxofon mit vollendeter Coolness und Professionalität ab. Der Altmeister ist jeden Abend im Einsatz, spielt Salsa und Jazz in verschiedenen Formationen. Wenn er zu "Cheek to Cheek" mit den Fingern schnippst, werden Erinnerungen an James Last wach.

Jazz-Epochen und Stilrichtungen von Latin-Grooves bis Hoagy Carmichael spielen eine untergeordnete Rolle, denn bei den Jazzy Moments wirkt selbst Gegensätzliches wie aus einem Guss. Bassist Martin Müller unterstützt den Eindruck der Zeitsprünge durch Wechsel vom Kontrabass zum E-Bass und zurück. Während Dirk Bertram tiefenentspannt mit seinem Gitarrensolo bei "Temptation" verzaubert, hält Volker Exner Takt und positive Ausstrahlung unter seinem Hut zusammen. Er amüsiert sich sogar beim 7/8-Takt des Black Orpheus-Stücks "Manhã de Carnaval". Wenn Claudia Dellian im floralen 50er-Jahre-Kleid auf dem Barhocker den portugiesischen Text zu dem Bossa-Nova-Hit singt, fehlt nur noch das Geräusch des Meeres und der üppige Cocktail zum vollendeten Glück. Das Programm der Jazzy Moments bildet eine Mischung aus Latin-Jazz und bekannten Klassikern von Irving Berlin, Frank Sinatra und Charlie Parker.

Die Sängerin Dellian und der Saxofonist Lorenz kamen 2018 auf die Idee, die Jazzy Moments zu gründen, als sie bei einer Hochzeit spielten. Bis dahin waren sie als Duo und Mitglieder einer Bigband aufgetreten. Es folgte die Besetzung von Gitarre, Bass und Schlagzeug. Musiker bewarben sich auf eine Anzeige hin und mussten zum Vorspielen erscheinen. Wie durch ein Wunder fanden sich der wundervolle Gitarrist Dirk Bertram und der Bassist Martin Müller ein. Später stieß Volker Exner hinzu. Letztlich war die menschliche Komponente ausschlaggebend für die Entscheidung einer Zusammenarbeit. Die Harmonie ist deutlich zu spüren.

Dass sich die Gemeinden im Münchner Umland immer mehr mit Konzertveranstaltungen präsentieren, findet Lorenz toll, ebenso wie Josef Kraus, der das Kulturprogramm in Germering umfassend nutzt. Nach gut zwanzig Liedern, viel Applaus und einer Zugabe endet das Konzert rechtzeitig, als sich der Himmel zuzieht. Die folgenden Konzerte sind für Medea Schmitt herausfordernd. Die Wetterprognosen sind uneindeutig und die Entscheidung, ob innen oder außen gespielt wird, muss gegen Mittag fallen.

© SZ vom 05.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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