Germering:Vorfahrt für Busse und Radler

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Beifall von den Kandidaten (von links): Tanja Pfisterer, Andreas Haas, Agnes Dürr, Johannes Landendinger und Martina Seeholzer (Foto: Carmen Voxbruner)

Bei einer Diskussion in der Bonhoeffer-Kirche antworten Kandidaten auf Fragen von jungen Klima-Aktivisten

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Das Aktionsbündnis "Germering for Future" wollte Antworten oder gar Visionen auf existenzielle Fragen der Zeit. Leugner des von Menschen und bestimmten Wirtschaftszweigen verursachten Klimawandels gibt es im Germeringer Stadtrat nicht. So unterschieden sich an diesem Abend in der mit etwa 200 Zuhörern voll besetzten Dietrich-Bonhoeffer-Kirche die drei Bürgermeisterkandidaten und die zwei weiteren Parteienvertreterinnen aus dem Germeringer Stadtrat auch nur in Nuancen. Visionen entwickelten die Diskutanten auf dem Podium nicht.

"Beschreiben Sie doch mal, wie es in zehn Jahren in Germering verkehrsökologisch aussieht", forderte der 17-jährige Schüler Marijan Tabak die Parteienvertreter auf. Oberbürgermeister Andreas Haas (CSU) stellte für Germering in Aussicht, "das Fahrrad an Ampeln zukünftig zu bevorzugen". Das Busnetz will er "massiv ausbauen", damit es "keine weißen Busflecken in Germering mehr gibt". Dann führte Haas wie alle anderen den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, Car-Sharing und alternative Fahrzeugantriebe an. "Das Auto sollte man bewusst einsetzen", sagte er noch. Auch seine Konkurrentin um das Bürgermeisteramt, Agnes Dürr (Die Grünen), will "Fahrradfahren sicherer und attraktiver" machen und das Autofahren reduzieren. Sie denke dabei an mehr Einbahnstraßen und an einseitige Parkverbote in der Unteren Bahnhofstraße im Germeringer Zentrum. Mit den etwa 24 000 Autofahrern in Germering wollte sich keiner der Diskutanten anlegen. SPD-Bürgermeisterkandidat Johannes Landendinger streute die Überlegung ein, "den Innenbereich autofrei zu gestalten." Auch ein kostenfreies innerörtliches Busnetz forderte nur er. Martina Seeholzer (FWG) war die Debatte viel zu "fahrradlastig". Sie animierte dazu, das "Zufußgehen wieder zu lernen". Tanja Pfisterer (ÖDP) brachte auf die Besucherinnenfrage, wie die "Elterntaxis" vor den Schulen reduziert werden könnten, Humor in die Debatte ein: "Eltern abschaffen, geht nicht."

Christoph Mokler vom Aktionsbündnis wollte wissen, ob die Lokalpolitiker 2030 Energiegewinnung zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energien gewährleisten können. Niemand konnte das zusagen. Die Diskussion kreiste lediglich um mehr Photovoltaikanlagen (PV) und wage um Geothermie. Windräder gehen nicht, "weil die Abstände ein Problem sind", wie Haas anführte, ohne zu sagen, dass die von der CSU geführte Staatsregierung mit der Zehn-H-Regelung Windräder in ganz Oberbayern torpediert. Seeholzer hätte gern ein Windrad, ebenso wie Landendinger, als Bürger-Windrad am Parsberg. Pfisterer will keine Bebauung des Kreuzlinger Feldes, womit sich die für dort geforderten PV-Anlagen auf Dächern erübrigen.

Als die Jugendleiter der Bonhoeffer-Kirche, Anabel und Lissa Lehmann, zum Thema klimaneutrale Stadtentwicklung überleiteten und danach fragten, wie denn der Ausbau und der Verkauf von biologischen und regionalen Produkten voranzubringen seien, zeigten sich die Diskutanten eher ratlos. Als die Besucherin Daniela Maria Fiegel sich erkundigte, wie es um vegane Ernährung in den Kindertagesstätten stehe, gab es ein vernehmbares Raunen und auch spürbare Empörung im Saal. "Rein vegane Ernährung geht nicht, es gibt dort eine ausgewogene Ernährung mit Fisch und Fleisch", erwiderte der Oberbürgermeister. Fiegel zeigte sich angesichts der kollektiven Ablehnung im Saal sehr erstaunt: "So viel Kontra irritiert mich."

Michael Lorenz, Pfarrer der Dietrich- Bonhoeffer-Kirche, brachte nach zweistündiger Diskussion wenigstens eine Vision ins Spiel: Er griff die Vorschläge von Dürr und auch Landendinger auf und forderte dazu auf, demnächst in seiner Kirche eine Bürgerenergiegesellschaft zu gründen.

© SZ vom 09.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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