Germering:Viele Fragen zu einem Briefzentrum

Die Post stellt ihre Pläne für einen Umzug ins Gewerbegebiet-Nord vor. Die Besucher im Forum der Stadthalle zeigen sich vor allem wegen der Zunahme des Verkehrs skeptisch, bewerten aber Gewerbesteuereinnahmen und neue Arbeitsplätze positiv

Von Karl-Wilhelm Götte und Andreas Ostermeier, Germering

Die Germeringer sind der Einladung der Post zur Informationsveranstaltung über die Umzugspläne von München nach Germering im Forum der Stadthalle am Freitagnachmittag sehr rege gefolgt. Die Post möchte ihr Briefzentrum, das sich bislang in der Arnulfstraße in München befindet, in die einwohnerstärkste Kommune im Landkreis Fürstenfeldbruck verlegen. Etwa 1300 Beschäftigte sollen in einem neuen Gebäude im Gewerbegebiet-Nord sämtliche Brief- und Päckchensendungen für die Landeshauptstadt und das Münchner Umland bearbeiten. Den durch Zulieferung und Abtransport entstehenden Verkehr sehen Vertreter der Post als für Germering nicht problematisch an, soll er doch zumeist über die Bundesstraße 2 sowie die Autobahnen A 96 und A 99 abgewickelt werden.

Post plant Neubau in Germering

In Germering betreibt die Post bereits ein Paketverteilzentrum im Gewerbegebiet-Nord. Auf dem Gelände rechts daneben möchte der Logistikkonzern bis 2021 auch ein Briefzentrum bauen.

(Foto: Günther Reger)

Doch Skepsis über den geplanten Bau des neuen Briefzentrums im Germeringer Norden gibt es genügend. Das zeigte sich bei den Gesprächen im Forum der Stadthalle. "So etwas gehört grundsätzlich nicht nach Germering", empörte sich ein Ehepaar, das in der Augsburger Straße wohnt und Germering an dieser Stelle "als ein Dorfgebiet" betrachtet. Das geplante 191 Meter lange und 141 Meter breite Gebäude sprenge alle Dimensionen, die für Germering vorstellbar seien, sagten sie. Die Besucher haben sich extra das Briefzentrum in der Münchner Arnulfstraße angeschaut und befürchten enormen Lärm durch die riesige Halle. Sie bleiben auch skeptisch, als ihnen ein Postmitarbeiter die geplanten Lärmschutzmaßnahmen erläutert, die vor allem das Anpflanzen von Bäumen in Richtung Stadtgebiet vorsehen.

Post plant Neubau in Germering

In der Stadthalle informieren sich Einwohner von Germering bei Vertretern der Post.

(Foto: Günther Reger)

Die meisten Bedenken der Besucher betreffen den Verkehr, der mit der Post-Niederlassung kommen wird. So auch Gisela und Horst Hildenbrand, die in der etwa 250 Meter entfernten Hörwegstraße wohnen. Das Ehepaar, das sich schon mit einer E-Mail an die Post gewandt hat, ist skeptisch, ob die 160 Stellplätze ausreichen werden, die in einer Tiefgarage vorgesehen sind. "Die Mitarbeiter, die mit dem Auto kommen, werden uns alles zuparken", befürchtet Gisela Hildenbrand. Erst vor zwei Jahren habe man es geschafft, dass für ihre Straße ein Lastwagen-Parkverbot angeordnet wurde. Dass der Einzelhandel in Germering davon profitiert, dass die Postmitarbeiter am Ort einkaufen, bezweifelt Horst Hildenbrand. Positiv sei, dass Germering viele Arbeitsplätze bekommen könnte. Die Hildenbrands fänden es besser, wenn sich der Flächenverbrauch durch eine höhere Bebauung reduzieren würde. Auch Irmgard Murenwald, die seit 20 Jahren unweit des geplanten Gebäudes im Aubinger Weg wohnt, hat Sorge, dass der Verkehr störend wird. "Die Brieflaster werden sehr früh los- und bei uns vorbeifahren", sagt sie. "Auf der anderen Seite braucht die Stadt auch das Gewerbe."

Post plant Neubau in Germering

Thomas Schlickenrieder ist einer der Projektleiter für den geplanten Neubau.

(Foto: Günther Reger)

Helmut Jehle lebt seit 45 Jahren in Germering und hat einige Zweifel, ob die von der Post vorgerechneten und avisierten Liefer- und Mitarbeiterverkehre so eintreffen werden. "Ob das so auch passiert, mal abwarten", sagt Jehle, der in der Luitpoldstraße in Neugermering wohnt. Neben ihm steht Hans Kopp, der aufgrund der morgendlichen Staulage auf der A 99 auch sehr viel Verkehr durch Germering hindurch befürchtet. "Auch der Aubinger Tunnel ist doch morgens immer zu", so Kopp. Die Post wolle die Transporte der Briefsendungen jedoch auf die Zeiten außerhalb des Berufsverkehrs verlegen, hieß es bei der Pressekonferenz am Freitagmittag.

Dass die Gewerbesteuer massig in die Stadtkasse fließen wird, daran glauben beide Herren nicht. "Die Post wird ihren Gewinn verlagern", ist ihre Meinung. Als positiv sehen auch sie die 1200 Arbeitsplätze, die kommen und damit den Anteil der Stadt an der Einkommensteuer erhöhen werden. Regina Stabenau und Renate Zeidler aus Unterpfaffenhofen sind davon überzeugt, "dass Gewerbesteuer reinkommt" und unterstützen das Postprojekt. "Wie wird der Gewinn in einem Briefzentrum und damit die Gewerbesteuer berechnet?", will eine Besucherin aus der Ludwigstraße wissen. Auch über Art der Arbeitsplätze, die kommen werden, will sie Auskunft. Die Gewerkschaft Verdi, die gegen den Umzug nach Germering mobilisiert, informierte die Besucher vor der Tür und in der nahen Gastwirtschaft. Sie teilte mit, dass es sich in der Mehrzahl um "unattraktive Arbeitsplätze" handle, nämlich um viel Teilzeitarbeit mit nur 15 Wochenstunden. "Darunter sind viele alleinerziehende Mütter, für die sich zeitlich der Arbeitsweg nach Germering nicht lohnt", so die Verdi-Sprecher David Merck und Hedwig Krimmer. Die Einstiegsbezahlung liegt bei 12,68 Euro pro Stunde. Etwa zehn Prozent aller Stellen seien befristet.

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