Süddeutsche Zeitung

Germering:Verwaiste Stände

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Die Germeringer Bau- und Energiemesse stößt nur auf geringes Interesse. Ein Aussteller reist wieder ab, ein Vortrag wird abgesagt. Teilnehmende Firmen beklagen, dass sich der Aufwand nicht gelohnt hat

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Draußen im Sonnenschein vor der Germeringer Stadthalle stehen zwei Tesla-Elektroautos. Das Model X des US-Herstellers findet das Interesse der Besucher. Sie laufen um das sechssitzige Auto herum, setzen sich rein und bestaunen das riesige Display am Armaturenbrett. Der Tesla-Verkäufer erzählt den Interessenten, dass das Auto 2,5 Tonnen wiegt, die Batterie alleine 700 Kilogramm. Trotzdem schaffe es der Tesla in drei Sekunden auf 100 Stundenkilometer. Zehn Meter weiter findet an diesem Sonntagnachmittag kaum ein Besucher in die Stadthalle zur "Bau- und Energiemesse".

So stehen auch die Aussteller im großen Orlando-Saal zumeist alleine an ihren Ständen. "Ich hatte gestern ein einziges Gespräch", sagt Steve Raute am Stand von Wolff Protect, einer Firma, die Dachbeschichtungen für 20 bis 25 Euro pro Quadratmeter anbietet. "Heute am Sonntag etwas mehr." Aber man merkt Raute an, dass ihn die mangelnde Resonanz natürlich nicht gefällt. Die Brucker Veranstaltungsagentur Magna Ingredi Events, die die Messe schon mehrmals veranstaltet hat, hat sich vom gleichzeitig stattfindenden Marktsonntag in Germering einigen Zulauf versprochen. Doch das passiert nicht. Der für 15 Uhr angesetzte Vortrag der Verbraucherzentrale Bayern zum Thema "Schimmelpilze in der Wohnung" findet nicht statt.

Auch am Stand von Huber-Holzbau aus dem niederbayerischen Falkenberg bei Eggenfelden tut sich nichts. Die Firma wirbt mit Anbauten und Aufstockungen an und auf bestehende Häuser. Beispiele aus Ottobrunn zeigen drei schöne Maisonettewohnungen auf einem flachen Gebäude. "Man kann schon mal 120 bis 140 Quadratmeter oben drauf packen", sagt der Mann am Huber-Stand. Bei den momentanen Bodenpreisen sei dies eine preiswerte Alternative zu einem Neubau. Huber-Holzbau ist das erste Mal in Germering auf der Messe. "Samstag war tote Hose, heute habe ich zwei Termine ausgemacht", bilanziert der Standvertreter.

Um die Ecke ist der Stand die Abdichtungs- und Dachreinigungsfirma Oharek aus Mannheim total verweist. "Die sind am Sonntag nicht mehr gekommen", sagt Andreas Maier, der Geschäftsführer von "Emondo", am Stand gegenüber. Seine Münchner Firma installiert Fotovoltaikanlagen, verkauft Stromspeicher, die zwischen 4000 und 10 000 Euro kosten und baut auch Elektrotankstellen für E-Autos. "Beratung, Anlagenplanung und Montage - alles aus einer Hand", wirbt Maier.

Einige Besucher haben am Emondo-Stand Station gemacht. Doch so richtig zufrieden ist auch Maier nicht. Aufwand und Ertrag würden nicht zusammenpassen. Die Standmiete betrage um die tausend Euro, dazu hätte er zwei Mitarbeiter abgestellt. "Ich kann nicht klagen", gab es von Josef Wolf auch eine positive Stimme. Er vertritt die Firma Egger aus dem Allgäu, die Trinkwasseraufbereitungsanlagen installiert. "Die Qualität der Besucher hat gepasst", so Wolf. Er habe mehrere Adressen notiert, mit denen er zuhause in Kontakt treten wird.

Draußen vor der Tür stockt den Tesla-Neugierigen dann doch der Atem, als sie hören, dass das Model X, das eine Reichweite von 430 Kilometer hat und in einer halben Aufladestunde wieder zu 90 Prozent fahrfähig ist, erst ab 90 000 Euro zu haben ist. Mit zusätzlicher Ausstattung sind 110 000 Euro fällig. Da sind dann auch die spektakulären hinteren Flügeltüren, die hoch in die Luft ragen, nicht mehr der große Hit.

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Quelle:
SZ vom 16.10.2018
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