„Hallo, bist du hier zum Wählen?“, fragt Simon Assal den neunjährigen Finn. Dieser nickt und Assal reicht ihm einen Stimmzettel. „Wenn du dich noch informieren willst, findest du hier drüben eine Zusammenfassung der Wahlprogramme der Parteien“, sagt Assal und deutet auf einige Zettel, die an der großen Fensterscheibe neben ihm aufgehängt sind. „Wenn du es schon weißt, kannst du auch gleich in die Wahlkabine da hinten gehen. Dort liegt ein Stift.“
Finn nimmt an der U-18-Bundestagswahl des Kreisjugendrings Teil. Auch, wenn es nur eine symbolische Wahl ist, „die Ergebnisse zeigen, was viele Jugendliche denken“, sagt Assal. Er ist Vorsitzender des Germeringer Jugendrats, der das U-18-Wahllokal in der Germeringer Stadtbibliothek organisiert. Abgestimmt werden kann in ganz Deutschland bis zum Freitag, 14. Februar. Die Wahllokale werden von lokalen Vereinen und Initiativen betreut. Am Ende werden sowohl das deutsche Gesamt-Ergebnis als auch die Stimmenverteilung in den Wahlkreisen vom Kreisjugendring veröffentlicht. Da Germering zum Wahlkreis Starnberg-Landsberg am Lech gehört, ist der Kreisjugendring Starnberg zuständig, im restlichen Landkreis ist es der Kreisjugendring Fürstenfeldbruck.

Die Stimmabgabe in der Germeringer Stadtbibliothek betreuen die Jugendrats-Mitglieder Simon Assal, Daniel Tibursky und Niklas Asikoglu. Direkt neben der Eingangstür haben sie ihren Stehtisch platziert. Dort geben sie die Stimmzettel aus. In dieser fiktiven Wahl gibt es nur die Zweitstimme, für Direktkandidaten wird nicht abgestimmt. Die Wählerinnen und Wähler können in der Wahlkabine ihr Kreuz bei einer Partei machen und den Stimmzettel dann in eine Urne werfen. Die Stimmzettel sind den Originalen nachempfunden. „Wenn man dann richtig wählen darf, ist man nicht so erschrocken vom Wahlzettel“, sagt Asikoglu, weil man bereits gesehen habe, wie dieser aussehe und wie man ihn ausfülle.
Der neunjährige Finn läuft mit seinem Stimmzettel zielstrebig in die Wahlkabine. In der Schule sprächen sie viel über Politik, sagt seine Mutter, Finn interessiere das sehr. „Diese Lust auf Politik zu wecken“ - dafür könne die U18-Wahl einen Beitrag leisten, findet Asikoglu. Man müsse sich nicht politisch engagieren, aber er wünsche sich, dass sich alle Jugendlichen für Politik interessieren, sagt Tibursky. Dafür sei die politische Bildung an der Schule besonders wichtig.

Immer wieder kommen Jugendliche zum Stand des Jugendrats, um zu wählen. So auch Ellen und Luisa. „Ich interessiere mich sehr für Politik“, sagt Ellen. Die 16-Jährige ist besonders gespannt, ob man im Wahlergebnis der Jugend einen Rechtsruck sehen wird. Für Luisa ist der Klimaschutz eines der wichtigsten politischen Themen. Sie findet, er komme in der aktuellen politischen Debatte zu kurz.
Nachdem die Bundestagswahl dieses Jahr bereits im Februar stattfindet, wird es weniger Erstwähler geben als sonst, da viele Jugendliche erst später im Jahr volljährig werden. So ist es auch bei Assal, er wird erst im Mai 18 Jahre alt. „Es ärgert mich schon sehr, dass ich nicht wählen darf. Die wenigen Monate bis zu meinem Geburtstag werden nichts an meiner politischen Reife und meiner Meinung ändern.“ Assal bleibt die symbolische U-18-Wahl, sein Kreuz hat er bereits gesetzt.
Die Auswertung aus der Stadtbibliothek ergibt: Die Germeringer Jugendlichen wählen links. Mit 27 von 84 Stimmen liegt Die Linke klar vorne, gefolgt von der SPD mit 16 und den Grünen mit 13 Stimmen. Für die AfD wurde nur zweimal gestimmt, die CSU liegt mit zehn Stimmen im Mittelfeld.