Mit dem Zauber des Waldes hat das aktuelle Projekt der Künstlergruppe Magic Forest auf den ersten Blick nichts zu tun. Denn von dem Wald hinter dem Naturfreundehaus am Parsberg in Germering ist nur noch wenig übrig. Windbruch, Borkenkäfer und Fällungen aus Sicherheitsgründen haben eine Fläche hinterlassen, auf der nur noch Baumstümpfe zu sehen sind. Lediglich ein Baum steht noch. Ein nicht ganz gerade gewachsener Solitär. Schon von Weitem ist er zu sehen, wenn man vom Parkplatz am Germeringer See den Hang in Richtung Naturfreundehaus hinaufgeht. Der Baum ist eine mehr als 20 Meter hohe Kiefer. Ihr Stamm ist weitgehend frei von Ästen, erst auf den letzten fünf, sechs Metern vor dem Wipfel spreizen sich Äste vom Stamm ab. Durch diesen Wuchs erinnert die Kiefer ein wenig an einen Besen mit etwas krummem Stil. Doch während die Fichten rundum von Stürmen umgeworfen wurden, blieb die Kiefer stehen.
An ihrem Stamm, auf etwas mehr als halber Höhe, prangt ein gelbes Sonnenrad, Symbol der Langlebigkeit und des Lichts. Gefertigt haben es Brigitte Storch und Eva Maria Kränzlein. Mehr als drei Monate haben sie gearbeitet, um das Sonnenrad herzustellen und die Anbringung vorzubereiten. Zunächst wollten die beiden Künstlerinnen das Rad aus Reisigbesen herstellen, wie sie erzählten, während ihr Werk am Stamm angebracht wurde. Leichter an Gewicht und langlebiger als Material ist allerdings Bambus. Deshalb änderten Kränzlein und Storch ihre ursprünglichen Pläne und verwendeten für das Sonnenrad mehrere Besen aus diesem Material. Arbeiter des Bauhofs halfen, das Geflecht aus Bambus am Stamm der Kiefer fest zu binden. Nun hoffen die Beteiligten, dass es dort lange Zeit aushält, ehe es seine Form verliert oder herabfällt. Bewusst wird das nur aus Naturmaterialien hergestellte Sonnenrad der Witterung und den Jahreszeiten ausgesetzt.
Das Projekt Magic Forest ist bereits ein halbes Jahr alt. Bislang haben die beteiligten Künstlerinnen und Künstler viel fotografiert und gefilmt. Diese Werke sind im Internet unter www.magic-forest-art.de zu finden. Dort sind auch Videos von Kreativtreffen zu sehen. Mit dem Anbringen des Sonnenrads am Tag des Waldes hat das Kunstprojekt den virtuellen Raum verlassen und auch in der realen Weg einen ersten Niederschlag gefunden. Höhepunkt des Projekts soll eine Ausstellung in der Stadthalle in Germering Anfang des nächsten Jahres sein.
An den Stamm der Kiefer haben die Künstlerinnen dürre Bäumchen gelehnt, die zuvor mit gelber Farbe angestrichen worden sind. Beim Anmalen der Stämmchen half auch Pfarrer Andreas Christian Jaster mit. Denn der Stadtkirche Germering gehört das Gelände, auf dem die Kiefer steht. Jaster hat sich deshalb für dieses Projekt zu den Künstlern von Magic Forest gesellt. In einen blauen Overall gekleidet, strich er gemeinsam mit Kränzlein, Storch und einigen anderen Mitgliedern der Gruppe Bäumchen an. Als Mann der Kirche gab er sich jedoch nicht zufrieden mit dem Auftragen von gelber Farbe, sondern gab auch dem Projekt einen christlichen Anstrich. Nannte die Künstlerin Vera Greif das Sonnenrad ein Symbol für Kraft, so kann Jaster darin ein Symbol für Christus entdecken, der auch als Sonne der Gerechtigkeit bezeichnet wird.
Zu Gast bei der Kunstaktion waren auch die Buben und Mädchen aus dem Waldkindergarten. Und sie beschränkten sich nicht auf die Rolle als Zuschauer, sondern sangen das Lied "Stark wie ein Baum" von Stephen Janetzko. Viele Wurzeln und ein dicker Stamm, so heißt es im Text, sind Voraussetzungen für einen starken Baum. Das trifft sehr gut zu auf die Kiefer, die den Stürmen getrotzt hat. Das Widerstandsfähige und Beständige, für das die Kiefer steht, hat überdies etwas Zauberhaftes an sich, das gut passt zu Magic Forest.