Süddeutsche Zeitung

Germering:Stadt steht zu Cewe

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Straßenstück wird nach Germeringer Firma benannt

Von Andreas Ostermeier, Germering

Die Germeringer Niederlassung der Firma Cewe wird künftig den Firmennamen auch als Adresse haben. Das Stück der Oskar-von-Miller-Straße, an dem das Unternehmen sitzt, soll in Cewe-straße umbenannt werden. Die Grünen, die das verhindern wollten, konnten sich im Stadtrat nicht durchsetzen. Die anderen Fraktionen stimmten dafür, diesem Wunsch des größten Arbeitgebers in der Stadt nachzukommen, und bestätigten damit einen Beschluss aus dem Juni. Eben den wollten die Grünen kippen, weil sich im Firmennamen die Initialen von Carl Wöltje verbergen, einem Fotografen, der Mitglied der Nazi-Partei und einiger NS-Organisationen gewesen war. Agnes Dürr sagte in der Sitzung des Hauptausschusses am Dienstag, die beantragte Umbenennung der Straße hieße, "ein Mitglied der NSDAP zu ehren". Gerade in Zeiten, in denen rassistisches Gedankengut wieder auflebt, müssten sich Kommunalpolitiker Gedanken darüber machen, welche Signale sie setzten.

Oberbürgermeister Andreas Haas (CSU) verwahrte sich gegen diese Argumentation. Das im Jahr 1961 in Oldenburg von Wöltjes Schwiegersohn gegründete Unternehmen dürfe nicht in Bezug zum NS-Regime gebracht werden, sagte er. Das füge der Firma "Schaden zu". Germering ehre nicht Carl Wöltje, widersprach Haas Dürr weiterhin, sondern eine in der Stadt ansässige Firma. Unterstützung fand er bei CSU-Stadträtin Sonja Thiele. Sie könne keinen Bezug zwischen dem Unternehmen herstellen. Das sieht auch Eike Höppner von der SPD so. Sie lobte die "innovative Firma", die auch Behinderten Arbeitsplätze biete. Cewe erhalte zahlreiche Ehrungen, sagte Höppner und fügte hinzu: "Auch wir können sie ehren." CSU-Stadtrat Oliver Simon kritisierte, den "Umgang" der Grünen mit dem Unternehmen. Eine Beziehung zum NS-Regime herzustellen, nannte er "bedenklich".

Die Firma Cewe hat seit 1989 eine Niederlassung in Germering. Sie verdient ihr Geld mit der Entwicklung und Bearbeitung von Fotoaufträgen und mit Online-Druck. In Germering sind etwa 220 der insgesamt mehr als 3000 Mitarbeiter des Unternehmens beschäftigt. Etwa acht Prozent der Mitarbeiter in Germering leiden an einer Behinderung. In Europa hat die Firma elf Standorte. Der in Germering ist der einzige, der künftig den Firmennamen Cewe auch in der Adresse tragen wird.

Ein Präzedenzfall solle die Benennung eines Straßenstücks nach der Firma Cewe allerdings nicht sein, sagte Helmut Ankenbrand. Der Stadtrat und Dritte Bürgermeister gehört zur SPD-Fraktion, die den Antrag auf Umbenennung im Juni gestellt hatte. Ankenbrand betonte, dass es sich im Fall der Firma Cewe um eine "besondere Situation" handle. So seien keine Anlieger außer dem Fotobearbeiter selbst betroffen, sagte er. Seien auch weitere Firmen oder Anwohner betroffen, müsse man sich "mehr Gedanken" machen. So wie es die Stadträte getan haben, als sie vor acht Jahren die Straßennamen für das Gewerbegebiet Nord ausgesucht haben. Es sollten Namen von Frauen aus der Wissenschaft verwendet werden, hieß es seinerzeit. So kamen Lise Meitner, Emmy Noether, Maria von Linden und Gertrude Blanch zu Ehren. Die Firmen in diesen Straßen, unter ihnen das Dehner Garten-Center, die Dekra oder der Hagebaumarkt können sich also nach den Ausführungen von Ankenbrand kaum Hoffnungen machen, dass ihr Firmenname demnächst Eingang in ihre Adresse findet.

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SZ vom 30.07.2015
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