Germering:Klarer Klanggenuss für alle

In der Stadthalle Germering gibt es eine neue induktive Höranlage. Menschen mit Behinderung soll so ein besseres Akustikerlebnis bei den Veranstaltungen ermöglicht werden

Von Florian J. Haamann, Germering

Mit ihrer neusten Anschaffung erweitert die Stadthalle ihr Angebot für Menschen mit Behinderung und baut so ihr barrierefreies Angebot weiter aus. Dank der modernen induktiven Höranlage ist es Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit künftig möglich, die Veranstaltungen im Amadeus- und Orlandosaal auch akustisch genießen zu können. Was für ein wichtiger Schritt das ist, machte Anna Krott, die seit ihrem sechsten Lebensjahr schwerhörig ist und eine Selbsthilfegruppe für Hörbehinderte leitet, bei der Vorstellung der Anlage deutlich. "So eine Hilfe ist einfach unglaublich wichtig und ermöglicht ein ganz anderes Hörerlebnis, als es nur mit einem Hörgerät oder einem Implantat möglich ist."

Der Grund dafür ist einfach: Klassische Hörgeräte wirken einfach nur wie ein Verstärker. Das heißt, dass die Träger zwar auch hören, was auf der Bühne passiert, aber viel stärker alle Störgeräusche zwischen sich und dem Geschehen wahrnehmen, sei es ein Husten oder Rascheln. Bei nicht hörbehinderten Menschen übernimmt das Gehirn gemeinsam mit dem Gehör da eine Filterfunktion, die bei behinderten Menschen meist nicht so gut funktioniert. Im Grunde kann man sich den Effekt der Anlage in etwa so vorstellen, wie bei einem Nicht-Hörbehinderten, die sich einen Kopfhörer aufsetzet, sagt Anna Krott.

Insgesamt 20 000 Euro hat die Anlage mit den 20 Empfängern gekostet, die die Stadthalle angeschafft hat. Je zehn davon werden im Amadeussaal und im Orlandosaal verfügbar sein. Die Geräte können vor den Aufführungen gegen eine Gebühr von zwei Euro und 20 Euro Pfand ausgeliehen werden, alle Mitarbeiter werden in der Bedienung geschult. In der ersten Januar-Woche startet das Projekt offiziell. In den ersten Wochen gelte es dann, zusammen mit den Nutzern an den Feinheiten zu arbeiten. Deshalb sei es wichtig, dass die Nutzer den Verantwortlichen viel Feedback geben und sich direkt melden, wenn etwas noch nicht stimme.

In Germering wird eine mobile Induktionsanlage verwendet, weil der Einbau einer stationären Anlage bautechnisch nicht möglich ist, erklärte Stadthallenchefin Medea Schmitt. "Wir sind sehr stolz, dass mit die Stadthalle mit der neuen Anlage jetzt komplett barrierefrei ist". Denn es gibt bereits ein Leitsystem für Sehbehinderte und Zugänge für Gehbehinderte zur Halle und allen Sälen.

Technisch funktioniert so eine Induktionsanlage relativ simpel, und es ist auch keine neue Technologie. Bereits in den Fünfzigerjahren wurden solche Anlagen verwendet. Sie bestehen aus einer Induktionsschleife, die aus einem Draht besteht, der einmal um den Raum verlegt wird. Über diese Schleife wird ein magnetisches Feld mit dem Tonsignal erzeugt, dass vom Empfänger, den der Nutzer trägt, aufgenommen und an die Hörhilfe weitergegeben wird. Hörgeräte benötigen dafür eine so genannte Telefonspule, die mittlerweile zu Standard gehört.

Wichtig ist nur, dass sich die Nutzer diese Funktion in ihrem Hörgerät von ihrem Akustiker freischalten lassen, weil das oft nicht automatisch beim Kauf gemacht werde, sagt Krott. Erst dann könnten sie die Induktionsanlage auch nutzen. "Jetzt muss sich bei den Nutzern ein Bewusstsein bilden, und sie müssen die Anlage auch nutzen. Ich hoffe, dass sich das auch durch Mundpropaganda schnell rum spricht", so Krott.

Die Höranlage in der Stadthalle ist nur eine von mehreren in Germering. Im Bürgerbüro, Trausaal und auch im Sitzungssaal gibt es bereits Anlagen. Im kommenden Jahr soll das Angebot auch auf das Passamt und das Einwohnermeldeamt erweitert werden.

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