Germering:Klangliche Anarchie

Georg Breinschmid und Thomas Gansch begeistern in Germering

Von Jörg Konrad, Germering

Beide waren sie Mitglieder einer unorthodox besetzten Big Band, die aus Österreich kam und von einem Schweizer geleitet wurde. Das Vienna Art Orchestra machte aus allem, was Mathias Rüegg irgendwie unter die Finger kam, Musik. Musik die begeisterte und mitriss, in Amerika, in Asien, in Afrika, in Europa sowieso. Egal ob es sich um Mozart oder Ellington handelte, um den Walzerkönig Johann Strauss, um Johannes Brahms oder das Enfant Terrible unter den Jazzern, um Charles Mingus. Wer bei Rüegg spielte, musste Außergewöhnliches können und stets in Topform sein. Und er musste Humor haben und geistreich sein.

Georg Breinschmid und Thomas Gansch gehörten also fast eine Dekade zu dieser Allerweltsband. Der Bassist und der Trompeter. "Kontrabassist Georg Breinschmid wandelt, tänzelt, rast und schwebt ausgehend von dieser fruchtbaren Ausgangssituation mit seiner Musik und seinen unterschiedlichen Formationen längst über alle stilistischen Grenzen. Sehr virtuos, ziemlich schräg", schrieb die Kronenzeitung über den einen. Die Presse sagt über den anderen: "Trompeter Thomas Gansch hat sich immer schon instinktiv gegen alles Seriöse und Ehrfurchtgebietende gewandt. Lachen ist für ihn die beste Waffe gegen den Druck der Norm."

Nun sind sie wieder als Duo unterwegs und zeigten sich in der Germeringer Stadthalle ebenso musikgeschichtlich räuberisch, was ihr Repertoire anbelangte, wie sie grandios aufspielten.

Grundlage ihres Auftritts sind ihr großer Einfallsreichtum und ihre absolute Beherrschung des Instrumentariums. Hinzu kommt der besagte ordentliche Schuss Humor. Kein Klamauk bitteschön, auch wenn es sich im ersten Moment oft so anfühlt. Ihr Witz hat Tiefgang.

Ähnlich wie bei ihrem einstigen Arbeitgeber Rüegg verarbeiten sie im Duo so einiges von dem, was die Musikgeschichte hergibt. Für sie ist es kein Widerspruch, bekannte Dixielandmelodien mit der Zwölftonmusik zu verbinden, Populäres aus der Klassik mit einem ordentlichen Blues zu würzen, zu improvisieren und sich gleichfalls vor der Tradition des Dadaismus zu verbeugen. Und immer wieder blitzt etwas von den Beatles auf, so als seien sie für das Duo ein Bindeglied zwischen Tradition und Moderne.

Wie ein perfekt geöltes Räderwerk greifen ihre Instrumente ineinander. Wer noch immer glaubte, der Bassist sei ein Rhythmusknecht, sollte sich einfach einmal Georg Breinschmid anhören. Der soliert zupfend, klopfend, streiche(l)nd, schlagend - einfach brillant. Hin und wieder begleitet er auch, natürlich, aber nur, um im nächsten Moment aus einer korsettartigen Figur wieder auszusteigen und neue Klang- und Spielmöglichkeiten auszuprobieren. Jahrelang war er Mitglied der Wiener Staatsoper sowie der Wiener Philharmoniker und hat hier streng nach Partituren gespielt, lang genug.

Und Thomas Gansch? Der stammt aus einer alten Salzburger Blasmusikerdynastie, bekam die Trompete sozusagen schon in die Wiege gelegt. Das spürt man deutlich. Nichts scheint es zu geben, was dieser Solist nicht kann. Er begeistert das Publikum mit irrwitzig schnell intonierten Balkanmelodien, er hat ein klaren Ansatz, bläst mit und ohne Vibrato und ist in der Lage, herzergreifende Balladen zu präsentieren.

Sollte man eine Formel für dieses großartige Konzert im restlos ausverkauften Amadeussaal erstellen, so könnte diese lauten: Anarchie plus Können plus Humor gleich Bransch.

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