Süddeutsche Zeitung

Germering:Jung und weg

Der CSU-Stadtrat Stephan Vielmeier ist bereits der fünfte Germeringer Nachwuchspolitiker, der in der laufenden Wahlperiode aufhört. Und wieder rückt ein älteres Semester nach.

Andreas Ostermeier

Der Aderlass an Jungpolitikern geht weiter. Stephan Vielmeier verlässt am Dienstag als fünfter junger Stadtrat seit der Wahl 2008 die kommunalpolitische Bühne der Großen Kreisstadt. Philipp Schuller, Tobias Utikal, Florian Fink (alle SPD), Oliver Sopart (CSU) und jetzt der CSU-Stadtrat Vielmeier: Alle waren oder sind sie im Alter knapp unter oder knapp über 30 Jahre. Meist nahmen sie aus beruflichen Gründen Abschied vom Stadtrat, wie zuletzt Sopart, der einen Arbeitsplatz in Erlangen fand. Vielmeier verlässt den Stadtrat aus einem anderen Anlass: Ihn zieht es aus privaten Gründen nach München. Dort lebt seine Freundin, eine Düsseldorferin, die er partout nicht zu einem weiteren Umzug - diesmal nach Germering - habe überreden können, sagte der 27-Jährige am Montag. Zudem will Vielmeier, der momentan an seiner juristischen Promotion arbeitet, in der Landeshauptstadt auch beruflich Fuß fassen.

Dass mit ihm ein weiterer Nachwuchspolitiker ausscheidet, das ist dem 27-Jährigen bewusst. Er hofft, dass von seiner Entscheidung keine Signalwirkung ausgeht und die Parteien bei der Aufstellung der Kandidatenlisten für die Wahl im Frühjahr 2014 auf ältere Bewerber setzen, deren Lebenssituation eine langfristigere Bindung an Germering erwarten lässt, als das bei den Jungpolitikern der Fall ist. Es tue ihm "besonders Leid", dass die beiden großen Parteien, die jungen Kandidaten eine Chance gegeben haben, nun von so vielen Wechseln betroffen seien, sagte Vielmeier. Seine Entscheidung wird bei der CSU aber keine Konsequenzen haben. Die 39 Jahre alte Ortsvorsitzende Anja Kuttenkeuler möchte auf junge Kandidaten nicht verzichten.

Die kommunalpolitischen Wahlperioden von sechs Jahren sind für junge Frauen und Männer eine lange Zeit. "Welcher 22-Jährige weiß denn, was er mit 28 machen wird", sagt Thomas Breitenfellner, CSU-Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat von Gröbenzell und mit 30 Jahren selbst noch jung. Doch im Gegensatz zu Germering sind die jungen Kommunalpolitiker in Gröbenzell recht ortsfest. Fünf von elf Gemeinderäten der CSU befinden sich laut Breitenfellner im JU-Alter, sind also unter 35 Jahre alt. Sie alle wurden im Jahr 2008 gewählt und erfüllen bis heute ihr Mandat. Dazu gehöre auch Glück, sagt Breitenfellner, so sind er und sein Fraktionskollege Andreas Berger am Ort oder im nahen Umkreis beruflich tätig.

Doch der CSU-Fraktionschef, der es bis zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Jungen Union gebracht hat, macht auch deutlich, dass Parteien und politische Gremien auf die Lebenssituation junger Erwachsener eingehen müssen, wenn sie diese für die Übernahme von Mandaten gewinnen wollen. So müsse man beispielsweise fragen, ob der Beginn einer Kreistagssitzung um 15 Uhr nicht zu früh sei, sagte Breitenfellner. Er setzt Fraktionstreffen um 19.30 Uhr an. Für die, die dann gerade aus der Arbeit kommen, gibt es auch ein Wurstbrot. Und bei kurzfristigen Praktika oder Auslandsaufenthalten übernehmen die übrigen Fraktionsmitglieder die Arbeit. Er selbst habe seine berufliche Entwicklung immer so geplant, dass er politisch tätig bleiben konnte, erzählt Breitenfellner. Ein angebotenes Voluntariat hat er deshalb ausgeschlagen und sich nach anderen journalistischen Ausbildungsstellen umgeschaut.

Bis zur Neuwahl im Frühjahr 2014 wird in Germering wohl kein Jungpolitiker mehr aufhören. Ohnehin gibt es nach dem Weggang von Vielmeier nur noch einen Stadtrat im Alter unter 30 Jahren: Maximilian Paech (SPD). Der hat bei seinem Amtsantritt im Juli 2011 zugesagt, bis zur Neuwahl auszuhalten.

Das Mandat von Vielmeier übernimmt der 64 Jahre alte Eduard Sammiller. Der frühere Vorsitzende des Umweltbeirats wird heute Abend von Oberbürgermeister Andreas Haas als Stadtrat vereidigt.

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Quelle:
SZ vom 06.11.2012
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