Germering:Gut angekommen

Vera Greif

Aus der Sicht der Zuwanderer: Vera Greifs neuestes Filmthema ist die Migration.

(Foto: Günther Reger)

Vera Greif hat einen Film über gelungene Integration gedreht

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Die kleinen und großen Probleme in Familien ähneln sich frappierend. "Ich will keine Schleife binden", wehrt sich Lotan gegen eine ungeliebte Übung. Doch sein großer Bruder Erastus ist unerbittlich. Er bringt ihm eine Pappe, auf der er die Schuhschleife binden soll. Es dauert, aber der vierjährige Lotan schafft die Schleife und Erastus lobt ihn. Lotan und Erastus sind die Kinder von Sara und Michael Lwanga aus Uganda. Sie gehören zu den Akteuren, die die Germeringer Filmemacherin Vera Greif mit viel Liebe zum Detail ins Bild setzt. "Perspektivenwechsel" heißt der Film, an dem Greif zwei Jahre lang gearbeitet hat und der in der voll besetzten "Blackbox" der Stadthalle gezeigt wurde.

Der Migrantenanteil in Germering ist überdurchschnittlich in Bayern. Jedes Jahr werden zwischen 50 und 70 Ausländer eingebürgert. "Ich wollte einen Film machen, aus dem Blickwinkel derer, die zu uns kommen", formulierte Greif in der Diskussion nach der Filmvorführung ihren Anspruch. Filme über das Thema Integration schienen ihr bisher zu negativ gehalten. "Mache ich doch mal einen positiven Film darüber", so die Autorin. Greif gelang es nach und nach ein Vertrauensverhältnis zu den Menschen aufzubauen, so dass sie erstaunlich offen vor der Kamera redeten.

Michael Lwanga hatte nach zehn Jahren als geduldeter Asylbewerber 2008 eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Er konnte aus dem Flüchtlingsheim am Starnberger Weg ausziehen und lebt mit Frau und Kindern in Germering. Er spricht gut Deutsch, seine beiden Söhne beherrschen durch Kindergarten und Gymnasium die Sprache noch besser. Auch Thuy Tran aus Vietnam ist spätestens, seit sie für die CSU im Stadtrat sitzt, ein bekanntes Gesicht in Germering. Greif zeigt sie während des Wahlkampfes, am Infostand um Stimmen werbend. Zu Hause auf dem Sofa sagt sie: "Ich will die eigene Kultur auch leben", zum Beispiel den Buddhismus. Auch Mahmut Sahin aus der Türkei lebt seine Religion. Greif zeigt, wie er Kindern den Islam näherbringt. Seit 40 Jahren ist Sahin in Deutschland. Viele Jahre hat er auf dem Bau gearbeitet, seit zehn Jahren ist er Busfahrer. "Integration ist", sagt Sahin, "wenn man sich den Gesetzen des Landes anpasst."

Für Veronika Tonkoni aus Bolivien bedeutet Integration mit Leuten auf der Straße oder anderswo zu sprechen oder "Freunde zu haben". Kontakt bekommt sie auch über ihre kleine Tochter Marietta. "Bei mir ist immer Action", sagt sie, und das sieht jeder auch im Film. Mit ihrer Tochter spricht sie nur Spanisch. Deutsch kann Marietta sowieso. Ob die albanische Familie von Mohamet Karaj, für den Integration bedeutet, dass seine Kinder keinen Nachteil gegenüber deutschen Kinder haben, oder die polnische von Slavomir Janus, der seit 2013 mit seiner Frau Agnieska und vier Kindern in Germering lebt, alle scheinen dort gut angekommen zu sein. Jedenfalls ist dies das Fazit des Films von Vera Greif - ein positives Fazit.

Oberbürgermeister Andreas Haas beglückwünschte Greif zu dem Film. "Das ist ein Lehrfilm", lobte auch Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl. So sahen es auch alle anderen, die sich zu Wort meldeten. SPD-Stadträtin Fereschteh Erschadi-Zimmermann, vor 40 Jahren aus Iran nach Deutschland gekommen, empfahl allen Germeringern mit ausländischem Pass, "sich in die Gesellschaft einzubringen und nach rechts und links zu schauen, dass die anderen auch schauen".

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