Süddeutsche Zeitung

Germering/Geiselbullach:Kein Kontakt zu Kindern!

Lesezeit: 2 min

Weil er nicht Corona bringen soll, muss der Nikolaus Abstand halten

Von Andreas Ostermeier, Germering/Geiselbullach

Der Besuch des Nikolaus gehört zu den Erlebnissen in der Kindheit, an die sich viele Erwachsene erinnern. Das Buch mit den Verfehlungen, mahnende Worte mit tiefer Stimme, aber auch Obst und Schokolade, das ist für diese Erinnerungen kennzeichnend. Mancher heilige Mann mit Rauschebart und rotem Ornat hatte auch einen Krampus dabei - der war dann wirklich zum Fürchten, mit seinem finsteren Blick, den zotteligen Haaren und der rasselnden Kette. Wenn der Nikolaus am Vorabend des 6. Dezember klingelte und die Eltern die Tür öffneten, dann hätte man sich gern in einem Mauseloch verkrochen oder zumindest große Distanz gehalten. Doch im Wohnzimmer stand der große Mann vor einem, schlug das Buch auf, und wegzulaufen war unmöglich.

So wird es in diesem Jahr nicht sein. Der Nikolaus hat nämlich die Corona-Regeln zu beachten. Denn auch wenn er vom Himmel hoch daherkommt, auf Erden muss er ein Hygienekonzept beachten. Der Ehrfurcht einflößende Mann muss also geimpft sein und Abstand halten. Sieben Nikoläuse, manche begleitet von Engelchen und Krampus, schickt der Germeringer Leo Club am Sonntag und Montag los, einer besucht das benachbarte Gilching. Die Nikoläuse werden klingeln, aber nicht ins Haus kommen. Lob, Tadel und Bescherung finden im Freien statt - die Kinder müssen sich also nicht nur im übertragenen Sinn, sondern auch wirklich warm anziehen, wenn der Nikolaus zu ihnen kommt.

Der Geiselbullacher Nikolaus setzt sich von der Tradition noch ein weiteres Stück ab. Er fährt im Oldtimer der Feuerwehr, einem alten Opel Blitz, durch die Straßen und winkt den Kindern nur zu. Mehr Annäherung soll es nicht geben, Lob und Tadel fallen weg, Süßigkeiten aber müssen sein, deshalb laufen ein gutes Dutzend Feuerwehrleute neben dem in Schrittgeschwindigkeit fahrenden Oldtimer her und verteilen Leckereien an die Kinder, die hoffentlich in großer Zahl am Straßenrand auf die Ankunft des Nikolaus warten. Das erinnert weniger an den Besuch des Nikolaus als an den Rosenmontagsumzug, wenn der Prinz sich auf seinem geschmückten Wagen den Weg durch die Kölner Innenstadt bahnt. Dann werfen seine Begleiter Schokoladentäfelchen und Bonbons in die Reihen der Zuschauer.

Für den fahrenden Vor-Weihnachtsmann gilt: Nur nicht anhalten. Schließlich schreibt das Hygienekonzept vor, dass der persönliche Kontakt zwischen dem bärtigen Mann im Bischofsgewand und den Kindern zu unterbleiben hat, damit sich niemand mit dem Coronavirus ansteckt. Hält sich das heilige Personal daran, dann darf es auf eine der bekannten Vorsichtsmaßnahmen verzichten - auf den Mund-Nasen-Schutz. Den müssen Nikolaus, Engelchen und Co. nicht tragen. Das sähe nicht nur recht komisch aus, auch an den Nikolaus will man sich später nicht als an einen Mann mit FFP 2-Maske erinnern.

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Quelle:
SZ vom 04.12.2021
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