Germering:Familiäre Unterhaltung

Mittermeier

Das erste Date, der erste New-York-Trip: Viele markante Punkte in ihrer Beziehungsgeschichte lassen Gudrun und Michael Mittermeier Revue passieren.

(Foto: Günther Reger)

Die Beziehung des Komikers Michael Mittermeier und seiner Ehefrau Gudrun erweist sich als absolut bühnentauglich. Ihr Programm "Heimspiel" verschafft den Germeringern einen kurzweiligen Abend

Von Valentina Finger, Germering

Welttournee oder Scheidung: Für die Mittermeiers waren das die beiden möglichen Folgen ihrer gemeinsamen Auftritte. "Heimspiel" heißt das Experiment, mit dem sich Michael und Gudrun Mittermeier zwei Abende in Folge auf die Bühne in der Stadthalle Germering gewagt haben. Er, der wohl populärste bayerische Stand-up-Comedian, wollte sein neues Buch vorstellen; sie, die sonst als Somersault nachdenkliche Pop-Songs in englischer Sprache singt, ihr aktuelles Album auf Bairisch. Das Bayerische in beiden Projekten war auch der ausschlaggebende Anknüpfungspunkt für das erste und zunächst einmalige Doppelentertainment des Künstlerehepaars.

Geplant wirkt dabei nahezu nichts. Wiederholt versucht Michael, Übergänge zu den Liedern seiner Frau zu bauen. Das schlägt jedes Mal so herrlich fehl, dass es als Running Gag Teil der Show wird. Es war abzusehen, was passiert, wenn man den Berufsredner von den Grenzen einer durchgetakteten Show befreit: Während in Mittermeiers aktuellem Programm "Wild", womit er im November auch in Germering auftrat, eine Pointe die andere jagt, folgen an den "Heimspiel"-Abenden Ausschweifungen auf Vorgeschichten. Einiges ist aus "Wild" dabei wie die Anekdote von österreichischen Zuspätkommern. Alles kommt, so scheint es, wie es Michael gerade einfällt. Das ist nicht pointiert, dafür so unangestrengt unterhaltsam und sympathisch, dass man sich fühlt, als lausche man seinen Witzen im ehelichen Wohnzimmer.

So falsch ist das nicht. "Heimspiel" heißt Heimspiel, weil es einige von Gudruns und Michaels Möbeln dafür auf die Germeringer Bühne geschafft haben. Eine altmodische Stehlampe, ein rotes Sofa, dazwischen werden mit dem Musiker-Duo David und Andie Mette Salzstangen und Bier geteilt. "Pass fei auf, das ist unser Teppich", mahnt Gudrun ihren Mann, als dieser mit einer Weinflasche hantiert. "Wie daheim", bemerkt dieser resigniert. Zwischenrein gibt es kurze, sehr persönliche Momente, wenn Michael Gudrun beispielsweise daran erinnert, dass sie es war, die ihm den Mut gab, im englischsprachigen Ausland aufzutreten. Es dauert nicht lange und man wird selbst eingesogen, in diese familiäre, warmherzige und dabei so lustige Mittermeiersche Wohlfühl-Blase.

Genauso, wie sich das Miteinander der Mittermeiers anfühlt, klingen Gudruns Lieder von ihrem Album "Mitternach": warm, ehrlich und gesungen in einem klaren, femininen Bairisch. Bei "Her", "Leicht wean" oder "Glasscheama fliang" darf Michael selbst mitspielen, an Glasflasche, Blechtrommel und Gitarre. Wenn er das nicht tut, schließt er oft genießerisch die Augen. Man möchte es ihm gleichtun, mit Gudruns melodischem Geflüster mitträumen. Doch dann, wie ein Flummi, ist Michael Mittermeier schon wieder auf den Beinen. "Das soll eine Lesung sein", erinnert ihn seine Frau. Aber stillsitzen und vorlesen - es war klar, dass das nicht zu dem Mann passt, der in seinen Solo-Shows von einer Ecke der Bühne in die andere tigert.

Was er in "Die Welt für Anfänger" schreibt, erzählt er also mehr als er es liest. Maximal drei vorgelesenen Sätzen folgt eine freie Zusammenfassung der anschließenden Ereignisse, gespickt mit so mancher Extra-Story. In seinem Buch hat Michael Mittermeier viele erste Mal gesammelt: Seinen ersten Schultag im roten Kordsamtanzug, den er seinem Vater nie verziehen hat. Das erste Date mit Gudrun, zu dritt, mit einem weiteren Verehrer im Kino. Der erste Urlaub als Paar, inklusive Sonnenallergie, Lebensmittelvergiftung und Krücken. "Weißt du noch?", fragt er immer wieder an Gudrun gewandt, zum Beispiel als er von ihrem ersten New-York-Trip erzählt. Weiß sie es noch, wie sie damals aus Handtüchern einen Damm gebaut haben, weil die Heizung im Hotelzimmer undicht war? Sicher, denn Gudrun Mittermeier war bei den meisten Ereignissen dabei. Ihre Kommentare und Berichtigungen sind ein erfrischender Bonus zu den Bühnengeschichten ihres Mannes.

Bis auf wenige Ausnahmen sind die in dem Buch gesammelten ersten Male im Grunde eine Chronologie ihrer Beziehung. Comedy ist immer auch Kommunikation, sagt er. Das könnte das Motto von "Heimspiel" sein. Sie kennt ihn, er kennt sie, sie ergänzen sich: Ihre Lieder nennt er, der Spaßmacher, dunkel und melancholisch. Für sie, den Ruhepol, sind sie die Kompensation ihres Lebens mit einem Komiker. Nach 26 Jahren zum ersten Mal gemeinsam auf der Bühne - das hätte auch nach hinten losgehen können. Doch Töchterchen Lilly kann beruhigt sein: Wenn die Entscheidung zwischen Welttournee und Scheidung von dem Gelingen der Show abhing, wird sie mit ihren Eltern nun wohl erstmal die Welt bereisen.

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