Süddeutsche Zeitung

Germering:Ein Haus für hundert Jahre

Germering lässt für fast zweieinhalb Millionen Euro ein Gebäude ganz aus Holz auf dem Abenteuerspielplatz bauen

Von Maximilian Neumair, Germering

Mit den Worten "Es riecht guad" beschreibt Bürgermeister Andreas Haas das neue Spielhaus des Abenteuerspielplatzes. Die übrigen Anwesenden der Baustellenbesichtigung stimmen schmunzelnd zu. Wahrscheinlich ist der Geruch mit ein Grund, warum sich viele gleich heimelig fühlen - trotz überall ausgelegter Regenschutzfolien. Die sind auch zwingend erforderlich, denn noch ist das Dach nicht komplett abgedichtet und das Material für Regen äußerst anfällig. Die Rede ist von Holz. Und aus Holz sind nicht nur einzelne Wandverkleidungen oder Holzdielen, sondern das ganze Haus. Innerhalb von zehn Tagen wurde der Rohbau nun aufgestellt - und das bei schlechtem Wetter.

Das Holz bietet aber auch Vorteile, die über den angenehmen Geruch hinausgehen. "Die Ökobilanz von Holz ist viel besser als von Stahlbeton-Bauten. Letztere brauchen allein schon in der Herstellung viel mehr Energie", erklärt Achim Füllemann, der zusammen mit seiner Frau Verena Füllemann das für den Bau zuständige Architektenbüro leitet. Das Haus ist so konzipiert, dass es Jahrzehnte hält und selbst bei einem Abriss in vielleicht hundert Jahren keine ökologischen Schäden hinterlässt. Dieser Zeitraum mag weit vorausgegriffen sein, doch die beiden Architekten nehmen den Begriff der Nachhaltigkeit sehr ernst.

Bei ihren Bauten versuchen sie immer konsequenter mit der nachhaltigen Nutzung von Holz zu verfahren. Dazu gehört auch, auf Kunststoffe an allen möglichen Stellen zu verzichten und auch keine Farbe oder Leim zu verwenden. Das Holz für das Spielhaus kommt aus Baden-Württemberg, es sei wertig und somit nicht so schnell verbraucht, und die tatsächliche Bauzeit wesentlich kürzer. Darüber hinaus ist das Haus so auch flexibel für mögliche Erweiterungen in der Zukunft: Zum Beispiel könnten ohne Probleme Klettergriffe an den Außenwänden angebracht werden, ohne große Umbauarbeiten oder Beschädigungen des Hauses. Es sei "Lego in Groß", scherzt Verena Füllemann. Jedes Bauteil habe einen Namen und eine Nummer, die dann zusammengesteckt werden. "Und dann stecken noch Zehntausende Schrauben darin, damit es auch bei Sturm hält", ergänzt Achim Füllemann grinsend.

"Möchte man einen Nachteil suchen, dann könnte man die Regenanfälligkeit anführen", räumt Achim Füllemann ein und macht auf die Regenschutzfolien aufmerksam, die während der Bauarbeiten regelmäßig zum Einsatz kommen.

Martin Pollok, Leiter des Abenteuerspielplatzes, freut sich schon sehr auf das neue Haus und den vielen Platz, den sie dann haben werden. Dadurch entstehen Möglichkeiten für neue Einrichtungen wie einen Kreativraum oder auch eine Werkstatt. Außerdem freut er sich auf "mehr Rückzugsräume für ruhigere Aktionen oder für Mitarbeiter." Dies sei früher überhaupt nicht möglich gewesen. Besonders schwärmt er auch von der Zusammenarbeit mit den Architekten und dem Bauamt, bei der viele ihrer Wünsche berücksichtigt wurden.

Das Neubau des Spielhauses ist im November 2018 beschlossen worden und soll insgesamt 2,475 Millionen Euro kosten. Die Eröffnung ist derzeit für Mitte beziehungsweise Ende Oktober geplant. Bürgermeister Haas sieht in dem Projekt ein Vorbild für kommende Bauten der Kommune. Die riechen dann hoffentlich auch alle so gut.

Anmerkung der Redaktion: Die Veranstaltung der Stadt Germering hat vor den Ausgangsbeschränkungen und dem Kontaktverbot stattgefunden.

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Quelle:
SZ vom 26.03.2020
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