Germering:Ein Fest für die Sinne

Jazz it

Francels Spiel hat immer etwas Verbindliches, etwas klar Gereiftes, mit dem er bei seinem Publikum und auch bei den Kritikern verlässlich punktet.

(Foto: Günther Reger)

Mulo Francel begeistert Publikum in der Stadthalle Germering

Von Jörg Konrad, Germering

Allein die Anzahl seiner Projekte macht deutlich, wie vielseitig der Jazz-Musiker Mulo Francel unterwegs ist. Da sind zum einen die unterschiedlichen Besetzungen, die vom akustischen Duo bis zum elektrisch verstärkten Quintett reichen und die deutlich machen, wie einfühlsam und empathisch Francel als Sideman arbeitet. Zum anderen fällt bei näherer Betrachtunsgweise seine stilistische Offenheit auf. Jazz in Reinkultur, Tango, mediterrane Klangarchitekturen, Bossa Nova und Filmmusik - keines dieser Genres ist ihm fremd. Im Gegenteil, Kontraste scheinen ihn eher zu beflügeln, herauszufordern und zu motivieren, als das sie ihn abschrecken.

Sein Ton auf dem Tenor ist in allen Lagen geschmeidig, kann dabei aber auch mit vollem Risiko in einem temperamentvollen Chorus die Melodie bis in die kleinsten Einzelteile zersägen, um gleich anschließend wieder fast süffisant in sanften Tontrauben zu schwelgen. Sein Spiel hat immer etwas Verbindliches, etwas klar Gereiftes, mit dem er bei seinen Mitmusikern, bei seinem Publikum und auch bei den Kritikern verlässlich punktet. So wie am Freitag, in Germering, wo er all das oben beschriebene wunderbar umsetzte und einen Jazzabend der Sonderklasse gestaltete.

Natürlich waren daran auch seine Mitmusiker beteiligt, allen voran David Gazarov, der in Baku geborene "Überpianist". Was er aus einer einfachen Melodie herausholt, wie er sie dynamisch bearbeitet, zerlegt, auffüllt, virtuos beherrscht, das ist schon ein Fest für die Sinne. Traumwandlerisch sicher taucht er in die Kompositionen ein, spielt mit der Zeit, wechselt die Harmonien und ist dabei doch immer ein Teil des Ganzen. Außer er soliert, wie in Oscar Petersons "Hymn To Freedom", einem Gospel, den er farbig, mit starken Blues- und Swing-Anleihen interpretierte.

Sven Faller passte sich als Bassist mit einer Art treibender Beiläufigkeit sehr geschickt in das Quartett ein. Er grundierte und moderierte die Themen rhythmisch, gestaltete den Unterbau manchmal explosiv, dann wieder ökonomisch, war instrumental aber ständig in Bewegung, um Übergänge und Richtungswechsel zu strukturieren. Dabei arbeitete er mit Schlagzeuger Robert Kainar Hand in Hand. Ein eher zurückhaltender Trommler, dessen Intensität in der Sparsamkeit der Mittel und der Zurückhaltung des eigenen Agierens lag.

Ja und Mulo Francel klang in einigen Momenten des Sets tatsächlich wie eine Mischung aus dem jungen John Coltrane und dem erfahrenen Stan Getz. Zwar spielt die Ästhetik seines Spiels eine sehr wichtige Rolle, was aber noch lange nicht heißt, dass das, was er spielt, in irgendeiner Form beruhigend wäre. Man spürt die Hingabe, das lebhaft Pulsierende, manchmal fast Fiebrige. aber immer weltläufig anmutende Phrasieren.

Mulo Francel besitzt eine immense Bühnenausstrahlung, etwas weltläufiges, das ihm bei seinen Balladen sehr zu Gute kommt. Die beherrscht er perfekt, streut immer wieder eine gewisse Bissigkeit mit ein und scheint unerschöpflich, in seinem Ideenfluss.

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