Süddeutsche Zeitung

Germering:Ein autofreies Wohngebiet

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Was der Umweltbeirat über das Neubaugebiet Kreuzlinger Feld denkt

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Der Germeringer Umweltbeirat (UBR) hat sich trotz verschiedener Anregungen in den vergangenen Jahren nicht allzu häufig mit seinen Ideen durchsetzen können. Nun unternimmt dieses Beratungsgremium des Germeringer Stadtrates einen mutigen Vorstoß und fordert im beabsichtigten neuen Wohngebiet des Kreuzlinger Feldes "Wohnen ohne Auto". Das bedeutet nicht, dass die sogenannte "Mobilitätsgruppe" des Umweltbeirates das Auto aus dem riesigen Wohnareal verbannen will, aber das Auto soll dort keinen Abstellplatz haben.

Der Umweltbeirat knüpft mit seiner Stellungnahme an die Kritik von Anwohnern des Areals zwischen Kreuzlinger Straße und Starnberger Weg an, die eine zusätzliche große Verkehrsbelastung auf sich zukommen sehen. "Wer dort wohnen will, wird schon vorher wissen, dass es dort keinen Platz für sein Auto geben wird", bringt es UBR-Vorsitzender Krause auf den Punkt. Die Entscheidung ist laut Krause also einfach: "Will ich bei dieser Sachlage dort zur Miete wohnen oder eine Wohnung kaufen?" Die "Mobilitätsgruppe" hat sich den Vorstoß nicht einfach gemacht. Sie hat sich zehnmal getroffen und unter der Federführung von Elmar Schulte ein vierseitiges Papier erarbeitet, das in der UBR-Sitzung am Mittwoch diskutiert wurde. Zentrale Aussage: "Wohnen ohne Auto leistet einen Beitrag dazu, den Zuzug in ökologische Bahnen zu lenken und das Stadtklima nicht übermäßig zu belasten."

Der Umweltbeirat möchte deshalb weder oberirdische noch unterirdische Stellplätze gebaut sehen. Somit sollen vor allem Tiefgaragen wegfallen. Elmar Schulte hat der Rahmenplanung entnommen, dass es acht bis zehn breite Tiefgarageneinfahrten geben soll. Bei 1100 bis 1500 Menschen, die im Kreuzlinger Forst irgendwann einmal wohnen sollen, müsste das gesamte Wohngebiet unterkellert werden, um die etwa 700 erwartbaren Autos unterbringen zu können. "Das würde ein großes Chaos", prophezeite Krause und meinte nachdrücklich und warnend: "Germering wird damit Vorreiter eines Verkehrschaos sein, das mit Freiham später auf uns zukommt."

Das UBR-Positionspapier, das sich auch als überaus sinnvollen Beitrag zur "Verkehrswende" versteht, geht dem Stadtrat umgehend zu. Der will am kommenden Dienstag über eine Rahmenplanung für das Kreuzlinger Feld entscheiden. Die "Mobilitätsgruppe" will "innovative Mobilitätsangebote", wie Car-Sharing, zugestehen, hat sich aber auch mit den Alternativen zum Auto beschäftigt. "Die Busanbindung ist schon heute gut", heißt es im Papier. Gemeint sind die Buslinien 851 und 856, mit denen die Bewohner schnell zur S-Bahn und in andere Stadtteile kommen können - bisher allerdings nicht am Wochenende. Empfohlen wird auch eine Fahrradstraße zur Stadtmitte. Viele Einrichtungen wie etwa Schulen oder Kitas wären fußläufig erreichbar, zumal ein Versorgungszentrum in der Nähe entstehen soll. Ein weiteres Argument des Umweltbeirats: Ohne Stellplätze und Tiefgaragen könnte viel billiger gebaut werden, so dass die Miet- und Kaufkosten dementsprechend günstiger ausfielen. Ohne Tiefgaragen wäre die Chance viel größer, "die Oberfläche grüner zu gestalten und somit zu mehr Lebensqualität im Quartier zu führen."

Mit nur einer Gegenstimme stimmten die anwesenden UBR-Mitglieder der "Vision", so Krause, zu. "Klasse, dass der Umweltbeirat so vorgeht", begrüßte Hans-Jürgen Gulder, ehemaliger UBR-Vorsitzender, begeistert den Beschluss. "Das Papier ist nicht utopisch und nicht weltfremd." Auch der Biologe Christian Heyne sah das ähnlich: "Wohnen ohne Auto ist attraktiv und spart Geld." Er hofft, dass der Stadtrat diesen durchdachten Vorschlag des Gremiums umsetzt.

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Quelle:
SZ vom 21.09.2018
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