Maria und Josef, Hirten und Römer, Esel und Ochs: Die katholische Pfarrkirche Sankt Johannes Bosco in Germering hat ihre Krippe wieder. Jahrzehntelang standen die etwa 30 Zentimeter großen Figuren im Schaukasten, gleich links neben dem Kircheneingang. In Bildern erzählten sie von Jesu Geburt im Stall zu Bethlehem, von der Bergpredigt oder der Hochzeit zu Kana. Viele Buben und Mädchen lernten durch die Figuren von Josef Wagner die Bibel kennen, lange bevor sie einen Religionsunterricht besuchten. So auch Gabriele Off-Nesselhauf. Die Germeringer Stadträtin ist glücklich, dass die Figuren, mit denen sie aufgewachsen ist, nun bald wieder in der Kirche zu sehen sein werden.
Das ist zu einem großen Teil Off-Nesselhaufs Verdienst. Hartnäckig setzte sie sich zwei Jahre lang dafür ein, dass die Pfarrei die Krippenfiguren wieder zeigen konnte. Nachdem deren Schöpfer Josef Wagner zu seinem Sohn gezogen war, konnte er sich nicht mehr um den Schaukasten in der Kirche kümmern. Ein Nachfolger für ihn fand sich nicht, zudem kam die Kirche nicht mehr an die biblischen Figuren heran. Die Heilige Familie war ausgewandert.
Nun ist sie zurückgekehrt. Off-Nesselhauf ist es mit Unterstützung des Fördervereins für Heimatpflege gelungen, die Angehörigen von Wagner davon zu überzeugen, dass die etwa 300 Figuren und etlichen Kulissen in die Germeringer Kirche gehören, für die sie geschnitzt worden sind. Als der Schaukasten verhängt wurde, weil sich niemand mehr um ihn kümmern wollte, da habe der Kirche etwas gefehlt, sagt Off-Nesselhauf. Der Innenraum der Kirche aus den Fünfzigerjahren ist recht schmucklos. So war es damals Stil. Die Krippenfiguren brachten Farbe in diesen Innenraum, eine Buntheit, die sie in den vergangenen Jahren vermisst habe, sagt die Stadträtin. Bis die Kirchenbesucher diese Buntheit wieder erleben können, wird es freilich noch einige Zeit dauern. Erst müssen die vielen Figuren und Kulissen auf ihren Zustand überprüft und einige möglicherweise auch repariert werden. Dann gilt es, den Figurenschatz zu fotografieren und zu katalogisieren, damit er eingesetzt werden kann.
Das ist eine Menge Arbeit, und Off-Nesselhauf setzt dabei auf die Unterstützung von Mitgliedern des Heimatvereins. Die werden die Stadträtin nicht alleine lassen. Dritter Vorsitzender Fritz Drexler hat schon mitgeholfen, die Figuren abzuholen. Er sei erst skeptisch gewesen, erzählt Drexler, doch als er die ersten Figuren gesehen habe, sei er überwältigt worden von der Schönheit der Schnitzereien. Der Heimatverein sei froh, dass das Lebenswerk eines Künstlers in Germering bleibe.
Wie zur Bestätigung zeigt Drexler auf diverse Figuren. Jede hat ein anderes Gesicht. Wagner hat die biblischen Personen aus Einzelteilen zusammengesetzt. Köpfe, Arme und Beine wurden extra geschnitzt. Sie können an den Körpern angebracht werden. Jede Figur ist individuell gekleidet. Gut 60 Jahre lang hat Wagner Krippenfiguren geschnitzt, immer wieder sind neue für den Schaukasten in Johannes Don Bosco entstanden. Dadurch wuchs die Darstellung über die Krippenszene zu Weihnachten hinaus. Auch die anderen hohen Feste und viele weitere Bibelgeschichten ließen sich darstellen.
Über die Rückkehr von Maria, Josef und Jesus ist auch die Stadtkirche froh. Diakon Benno Saruba sagt, er sei sehr dankbar für die Unterstützung durch Off-Nesselhauf und den Heimatverein. Nun hofft er, dass im kommenden Jahr eine erste Bibelszene im Schaukasten der Kirche gezeigt werden kann. 30 bis 40 Kinder sind zu den Adventsgottesdiensten gekommen. Saruba wünscht sich, dass diese Buben und Mädchen bald die biblischen Figuren kennen lernen können. Wie einst Gabriele Off-Nesselhauf.