Germering:Der Meister der Kräuter tritt ab

Viele Jahre lang hat sich Bernhard Kösler um den Garten der Begegnung neben dem Seniorenheim Curanum gekümmert. Nun will er die Aufgabe in die Hände eines Nachfolgers legen

Von Andreas Ostermeier, Germering

In Germering gibt es einen kleinen botanischen Garten. In dem wachsen Gewürzkräuter, Blumen sowie Gift- und Heilpflanzen in Beeten, die kreisrund um ein Wasserbecken angelegt worden sind. Über dem Wasserbecken thront eine Weltkugel. 14 Frauen und Männer kümmern sich um die besondere Grünanlage, säen, pflanzen oder veranstalten Führungen. Vor allem Kinder sind Besucher des Gartens, Schulklassen oder Gruppen aus Kindertagesstätten lassen sich zeigen, was dort wächst, schneiden Zitronenmelisse, um sich einen Tee aufzubrühen, und Schnittlauch fürs Butterbrot. Sie sollen lernen, wie Pflanzen und Kräuter auf Menschen wirken. Den kleinen botanischen Garten, der Garten der Begegnung heißt, gibt es seit 14 Jahren. Ebenso lange führt Bernhard Kösler die Gruppe der Gartenbetreuer. Diese Aufgabe will Kösler in jüngere Hände legen, schließlich wird der Germeringer heuer 80 Jahre alt und ist auch gesundheitlich angeschlagen.

Der Garten grenzt ans Seniorenheim "Curanum" an der Alfons-Baumann-Straße. Die Fläche mit den Beeten sei der Stadt für 30 Jahre überlassen worden, sagt Kösler. Voll Begeisterung erzählt er vom Geschehen zwischen den Beeten, in denen auch Hexen- und Teufelskräuter, Rosen und Brauchtumspflanzen sprießen. Besucher kommen täglich von 8 Uhr an. Auf dem Gelände finden sie mehrere Sitzgelegenheiten zum Ausruhen und Raschen. Seit der Eröffnung haben etwa 2000 Mädchen und Buben den Garten mitsamt seinen in einem Kreis angelegten Beeten und Aufenthaltsflächen besucht. Dort lernen sie beispielsweise giftige Pflanzen kennen, wie Eisenhut, Tollkirsche oder Alraune. So mancher Pflanzenname könnte ihnen aus einem Märchen bekannt vorkommen. Auch alte Getreidesorten wie der Emmer wachsen dort. Der Emmer ist eine alte Getreidesorte, die schon im Zweistromland angebaut worden ist. Laut Kösler fanden sich Emmerkörner auch in alten Gräbern auf Germeringer Flur.

Germering: Nach vierzehn Jahren will Bernhard Kösler die Leitung des botanischen Gartens abgeben. Sein Nachfolger muss kein Gartler sein, meint er.

Nach vierzehn Jahren will Bernhard Kösler die Leitung des botanischen Gartens abgeben. Sein Nachfolger muss kein Gartler sein, meint er.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Doch die Beete sind nicht nur dazu da, Stoff aus dem Biologieunterricht anschaulich zu machen. Die Führungen durch den Garten bieten den Kindern auch direkten Kontakt zu den Pflanzen. So kann Schnittlauch gegessen und der aus Zitronenmelisse hergestellte Tee getrunken werden. Aus Haferkörnern werden Haferflocken gewonnen. Blumen, Pflanzen und Kräuter können berührt, an ihnen kann gerochen werden. Und dann gibt es noch den Duftrasen, ein Beet gegenüber vom Haupteingang. Dabei handelt es sich um ein Kräuterbeet ohne Rasengras. Laufen die Kinder darüber, versprühen die Pflanzen ätherische Öle, nach denen Buben und Mädchen anschließend riechen. Besuche im Garten der Begegnung sind auch fester Bestandteil des Ferienprogramms. Dabei lernen Kinder und Erwachsene, Pflanzen aus dem Garten zum Färben von Textilien zu verwenden oder aus Gewächsen Salben, Lippenstifte oder Duschgels herzustellen.

Genutzt wird der Garten der Begegnung regelmäßig auch vom Behindertenbeirat der Stadt. Der gehört zu den Initiatoren des Projekts. Ursprünglich habe ein Garten für Blinde angelegt werden sollen, erzählt Kösler. Er selbst ist über seine Frau, die Mitglied im Behindertenbeirat der Stadt war, zum Gartenteam gekommen. Als Diplom-Ingenieur für Nachrichtentechnik sei er kein großer Kenner von Pflanzen gewesen, berichtet Kösler. Um das zu werden, hat der Germeringer Kurse an der Universität belegt. Sein Nachfolger müsse kein Gartler sein, sagt er. Die Aufgabe besteht eher im Führen und Zusammenhalten des Teams und im Erstellen eines Wirtschaftsplans. Für den Betrieb des Gartens erhält die Gruppe einen Zuschuss von der Stadt. Mit diesem Geld muss der Betrieb der Einrichtung bezahlt werden. Auch sollte man keine Scheu davor haben, Besucher zu führen und kleine Vorträge zu halten, sagt der Leiter des Gartenteams.

Vorbild Padua

Der Garten der Begegnung hat ein historisches Vorbild. Die kreisrunde Anlage mit einem Wasserbecken in der Mitte ist nicht in Germering erfunden worden, sondern in Padua. Dort befindet sich der erste botanischer Garten der Welt. Die Anlage, die zur Universität der italienischen Stadt gehört, stammt aus dem Jahr 1545. Sie diente ursprünglich der Anzucht von Heilpflanzen und sollte Anschauungsmaterial für die Studenten der Pharmakologie bieten. Heute versammelt der botanische Garten dort etwa 6000 Pflanzenarten. Er hat eine Größe von 22 000 Quadratmeter. Dagegen nimmt sich der Germeringer Garten mit 500 Quadratmeter freilich winzig aus. Doch die Anlage der Pflanzen entspricht dem Vorbild, denn die Beete der Gewächse sind nach Kategorien angelegt. So gibt es Beete mit Arznei-, Gebrauchs- oder Giftpflanzen sowie mit Hexen- und Gewürzkräutern. ano

Wer sich für die Nachfolge von Bernhard Kösler interessiert, kann sich an die Freiwilligenagentur der Germeringer Insel wenden. Deren Leiterin Anita Schindler ist telefonisch (089/840 53 58) oder per E-Mail (schindler@germeringerinsel.de) zu erreichen.

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