Süddeutsche Zeitung

Germering:Den Ausfall verwalten

Die Kulturmanager in den Städten sind derzeit gut damit beschäftigt, neue Termine für die abgesagten Veranstaltungen zu finden

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Die Germeringer Stadthalle ist seit mehr als einen Monat aufgrund der Corona-Krise geschlossen. Trotzdem sitzt Stadthallenleiterin Medea Schmitt viel länger im Büro als zuvor. "Ich telefoniere nur noch", sagt sie. Schmitt muss seit Mitte März Termine ausfallen lassen oder verschieben. Bis Ende Mai würde das 35 Programmpunkte betreffen. 35 von etwa hundert, die im Programmheft bis Ende Juli stehen. Wie auch ihre Kolleginnen und Kollegen in Fürstenfeldbruck und Puchheim hofft Schmitt auf eine baldige Ansage der bayerischen Staatsregierung, wie lange der Kultur-Shutdown noch anhält.

Schmitt, die in der Stadthalle mit tausend Plätzen im Orlandosaal das größte Kulturprogramm "außerhalb Münchens" verantwortet, war um diese Zeit schon mitten in der Programmplanung für 2021. "Das Setzen des Programmheftes für nächstes Jahr haben wir erst einmal gestoppt", erklärt Schmitt. Sie ist seit 16 Jahren die Germeringer Stadthallenchefin und fühlt sich den Künstlern sehr verbunden. Viele Termine hat sie schon auf 2021 verlegt, so dass Schmitt ein neues Programm für das kommende Jahr konzipieren muss, zumal immer wieder Änderungen kommen werden. "Die Großen überleben das", sagt Schmitt, "die Kleinen liegen mir am Herzen." Bei denen stünden Schicksale dahinter. Auch sie hängt in der Luft, wie es weitergeht. Die Stadthalle mit ihren zwölf Mitarbeitern wird ihren Etat für 2020, das steht fest, kaum halten können.

"Ja, eine klare Mitteilung, wie es weitergeht, würde ich mir von der Staatsregierung sehr wünschen", sagt Puchheims Kulturamtsleiter Michael Kaller, der im Puchheimer Kulturcentrum (Puc) sein Jahresprogramm abwickelt. Auch er ist mit Ausfall und dem Verlegen von Veranstaltungen im Puc beschäftigt. Fünf Termine habe er bereits absagen müssen. Verlegt hat er den Kabarettisten Markus Langer und das Scot-Folk-Rock-Konzert von Mànran auf Frühjahr und Herbst 2021. Musikkabarettist Helmut Binser, der beim Volksfest im Festzelt auftreten sollte, wurde von Kaller sogar 2022 verlegt. Einfach auf den Herbst dieses Jahres zu verlegen, geht in der Regel nicht, weil das Programm da schon voll belegt ist. Bis zu 400 Besucher finden im Puc Platz. Auch Kaller vermietet Räume im Veranstaltungskomplex, um Einnahmen zu generieren. Die fallen jetzt erst einmal weg, weil die Fremdmieter storniert haben.

"Im Tagungsbereich werden sogar Veranstaltungen im November storniert", berichtet auch Marita Kuhn, die stellvertretende Leiterin des Veranstaltungsforums Fürstenfeld, "weil die Veranstalter ihre Budgets für das Jahr einschränken müssen." Kuhn hat von März bis zum 19. April schon rund 30 Veranstaltungen absagen müssen. Darunter auch die dreitägige Animuc, eine Convention der Anime-Fans, die sich nach einer japanischen Zeichentrickserie kleiden. Ebenso der Deutsche Ballettwettbewerb und Steptanzcup, so wie die Erlebniswelt Fliegenfischen. "Auch die Naturfototage wurden vom Veranstalter bereits frühzeitig abgesagt", so Kuhn, weil ihm die Planungsunsicherheit zu groß gewesen sei. Für Eigenveranstaltungen des Veranstaltungsforums, die nicht stattfinden konnten, wurden fast ausnahmslos Ersatztermine gefunden. "Allerdings warten wir bei einigen noch auf die Rückmeldung der Künstler und können diese erst nach und nach publizieren", sagt Kuhn. Eine aktuelle Liste der Kulturveranstaltungen mit Informationen zur Rückabwicklung und können Besucher unter www.fuerstenfeld.de finden. Marita Kuhn ist froh, dass die Abonnenten und Besucher bisher bei der Stange bleiben und "unsere Alternativtermine geduldig abwarten."

Auch Medea Schmitt verschafft sich Einnahmen durch die Vermietung der zahlreichen Stadthallenräume - vor allem von Montag bis Mittwoch. "Kongresse und Prüfungen mehrerer Organisationen - viele sind schon weg", bedauert Schmitt. Auch die Veranstaltungen Germeringer Vereine fallen aus oder stehen auf der Kippe. Wann und wie es weitergeht, weiß niemand. "Geisterveranstaltungen", wie im Profifußball für Mai avisiert, kann es weder in Germering, Puchheim, noch in Fürstenfeldbruck geben. "Wir planen die nächsten Schritte voraus", berichtet Marita Kuhn, "wie wir mit künftigen Veranstaltungen umgehen." Die Sicherheit der Besucher und der Mitarbeiter haben dabei höchste Priorität. Dass in allen drei Städten die Schließung der Stadthallen große Lücken ins Budget reißen werden, ist allen klar. Medea Schmitt will sich ihren Optimismus nicht nehmen lassen und spricht sicherlich für alle drei: "Wir arbeiten auch zukünftig für die Lebensfreude der Menschen."

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SZ vom 25.04.2020
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