Die Deutsche Post beginnt mit dem Bau des neuen Briefzentrums in Germering. Am Dienstag schritten Oberbürgermeister Andreas Haas, die Münchner Niederlassungsleiterin Bettina Altschäffl und Thomas Schneider, Produktionschef der Brief- und Paketsparte in Deutschland, bei eisigem Wind und Schneetreiben zum Spatenstich. In Germering entsteht auf einer Fläche im Gewerbegebiet Nord das Gebäude für den Umzug des Münchner Briefzentrums. Von 2023 an sollen von Germering aus sämtliche Sendungen für die Postleitzahlenbereiche 80, 81 und 82 sortiert und ausgeliefert werden. Das entspricht dem Gebiet vom Norden Münchens bis nach Garmisch und vom Ammersee bis nach Wolfratshausen, wie Altschäffl sagte. Auch der Neubau fällt groß aus, er hat eine Gebäudefläche von etwa 34 000 Quadratmetern.
Das Projekt in Germering ist der erste Bau eines Briefzentrums seit 25 Jahren. Dementsprechend groß ist der Anspruch, den Stadt und Unternehmen an das neue Gebäude gestellt haben. Die Post bezeichnet den Neubau als "modernstes und nachhaltigstes Briefzentrum" in Deutschland. Begründet werden diese Superlative mit dem Verweis auf die vorgesehene Begrünung von Dach und Fassaden, die Photovoltaikanlage, die Holzbauweise und die Ausrüstung mit einer Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge. Zudem soll das Gebäude eine Kindertagesstätte beherbergen, die zwei Betreuungsgruppen Platz bietet. Haas betonte, dass die Post in den Diskussionen mit der Stadt bereit gewesen sei, vorgeschlagene Änderungen in ihre Planung einzuarbeiten, beispielsweise was den Lärmschutz angeht, und das Konzept ökologisch zu verbessern.
Mit Verweis auf das Ächzen des immer wieder von Böen erfassten Zelts, in dem er stand, erinnerte der Oberbürgermeister auch an die kontroversen Debatten im Stadtrat und in der Bevölkerung über die Ansiedlung eines Briefzentrums in Germering. Er sagte, durch das Verteilzentrum werde mehr Verkehr entstehen, sowohl für den Transport von Paketen und Briefen als auch durch An- und Abfahrten der Mitarbeiter. Die Stadt werde die Post an den Zusagen messen, dass der Mehrverkehr in der Hauptsache über die B 2 und die Autobahnen fließen werde.
Von dem neuen Unternehmen erhofft sich die Stadt laut Haas Arbeits- und Ausbildungsplätze für verschieden qualifizierte Personen sowie Vorteile für ansässige Handwerker und Gewerbetreibende. Altschäffl sagte, der Standort eröffne neue Beschäftigungsmöglichkeiten für die Menschen in der Umgebung. In Germering zieht die Post die Mitarbeiter aus den Briefzentren in München und Starnberg zusammen. Etwa 1300 Arbeitsplätze sollen entstehen. Neben den Mitarbeitern in der Sortierung und Auslieferung werden in Germering auch viele Angestellte in der Verwaltung einen Job finden.
Schneider legte das Augenmerk auf die technische Ausstattung. Das neue Briefzentrum werde über den bundesweit größten Maschinenpark aller Briefzentren in Deutschland verfügen, sagte er. Mit Hilfe von rund 60 Sortiermaschinen sollen die durchschnittlich pro Tag etwa zwei Millionen Sendungen bewältigt werden, die in Germering eintreffen werden. Dazu gehören sämtliche Briefe, aber auch Pakete bis zu einer bestimmten Größe. Das Neubaukonzept berücksichtigt die Entwicklung des Brief- und Paketbereichs. Während die Briefmengen zurückgehen, steigt die Zahl der Pakete. Kleinere Pakete werden deshalb in steigender Menge der Briefpost zugewiesen.
Das Vorhaben der deutschen Post hat etliche Kritiker auf den Plan gerufen. Sie kritisierten vor allem die Größe des Gebäudes und die Zunahme des Verkehrs. Initiatoren eines Bürgerbegehrens sammelten Unterschriften gegen ein Briefzentrum. Allerdings lehnte der Stadtrat eine Abstimmung über das Projekt ab. Dabei stützte er sich auf ein Rechtsgutachten, das formale Mängel in den Unterschriftslisten ausgemacht hatte. Im Stadtrat fand sich eine - wenn auch knappe - Mehrheit für das Vorhaben. Die Befürworter sehen Vorteile für die Germeringer Wirtschaft und verweisen auf höhere Gewerbesteuereinnahmen. Einen Gewinn hat das Projekt bereits erbracht: Bei archäologischen Grabungen ist ein mit organischem Material gefülltes Gefäß gefunden worden, das in einem Jahrtausende alten Brunnen lag.