Süddeutsche Zeitung

Germering:Bäume mit Brillen

"Magic Forest" zeigt zweite Installation

Von Andreas Ostermeier, Germering

Bilder vom Wald haben sich die Menschen viele gemacht. Vor allem für Maler und Geschichtenerzähler ist der Wald ein beliebtes Motiv gewesen, mal als Ort sich selbst überlassener unberührter Natur, mal als Hort von Dunkelheit und Geheimnis. Doch wie würde der Wald uns sehen? Darüber hat sich die Künstlergruppe "Magic Forest" Gedanken gemacht. "Der Wald schaut zurück" lautet der Titel ihrer Installation im Waldstück oberhalb des Germeringer Sees. Dort tragen die Bäume pinkfarbene Brillen. Etwa 130 solcher aus Papptellern hergestellten und bemalten Brillengestelle schauen die Besucher der Vernissage am Freitagnachmittag an. In manchen Gestellen kann man auch Augen erkennen - Oberbürgermeister Andreas Haas fühlte sich beobachtet. Und nicht nur ihm erging es so. Was würden Bäume über uns denken, wenn sie denken könnten? Und was würden sie zu uns sagen?

Eva Maria Kränzlein hatte die Idee, Bäumen Brillen zu verpassen. Bäume würden nicht nur angeschaut, sie könnten auch zurückschauen, sagte sie, schließlich handle es sich bei ihnen um lebende Wesen, die uns sehr wohl wahrnähmen. Um dies Besuchern deutlich zu machen, tragen an die 100 Fichten voraussichtlich bis 12. November die pinkfarbenen Brillen. Diese verdeutlichen aber auch, dass der Wald durch die Menschen gestört wird. So gibt es die Brillenfarbe in der Natur nicht, sie steht für den Eingriff der Zivilisation.

Am Ausschneiden der Gestelle, am Bemalen sowie am Anbringen haben sich alle zehn Künstler der Gruppe beteiligt. Die Installation ist die zweite der Gruppe in diesem Jahr. Oberhalb des Parkplatzes am See, in der Nähe des Naturfreundehauses, steht seit Frühjahr das Sonnenrad, ein gelb bemaltes Geflecht aus Bambusbesen, festgebunden an einer solitär stehenden und weithin sichtbaren Kiefer. Nach den Worten von Vera Greif, ebenfalls Mitglied der Künstlergruppe, hat sich diese Installation schon zu einer "Touristenattraktion" entwickelt. Fast jeder Spaziergänger kenne die Kiefer mit dem gelben Sonnenrad, sagte sie. Auch zahlreiche Reaktionen haben die Künstler auf dieses Werk bekommen - jedoch nicht nur positive. Einige der gelb angestrichenen Äste der Kiefer sind kaputt gemacht worden.

Positive Reaktionen erhoffen sich Kränzlein, Greif, ihre sechs Mitstreiterinnen und zwei Mitstreiter von der neuen Installation. Am Freitag erhielten sie die ersten. Oberbürgermeister Haas lobte die "spannende Aktion", die zu Diskussionen über das Werk und den Umgang mit dem Wald anregen kann. Medea Schmitt, Leiterin der Stadthalle, gratulierte der Künstlergruppe ebenfalls zu der Installation. Angesichts der vielen Besucher, die zwischen den Bäumen hin- und hergingen sagte sie, sie wolle auch einmal allein durch den Brillen-Wald gehen, um die besondere Stimmung aufzunehmen.

Diese zweite Installation ist laut Greif die letzte im Freien. Denn nun gilt es, die "Magic Forest"-Ausstellung vorzubereiten, die am 30. Januar in der Stadthalle eröffnet werden soll. Bis dahin sei noch viel an Organisationsarbeit zu tun, sagte Greif, und fügte hinzu: "Die Kunstwerke müssen auch noch fertig werden." Denn zu der Werkschau tragen die Mitglieder der Künstlergruppe neue Arbeiten bei, die beiden Installationen spielen keine Rolle. Zur Vorbereitung auf die Ausstellung lohnt es sich aber, beide anzusehen. Die neue Installation ist zu finden, wenn man den Weg zum Burgstall hinaufgeht und bis zur Gabelung weiterverfolgt. An der Gabelung geht es rechts, dann schauen einen die ersten Bäume aus pinkfarbenen Brillen an.

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Quelle:
SZ vom 13.10.2018
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