Süddeutsche Zeitung

Geplanter Wertstoffhof:Müll zwischen See und Golfplatz

In Olching verhärten sich die Fronten zwischen Befürwortern und Gegnern des geplanten mittleren Wertstoffhofs im Schwaigfeld. In der Bürgerversammlung beschweren sich Graßlfinger

Von Ekaterina Kel, Olching

Auf große Empörung bei den Anwohnern im Olchinger Schwaigfeld stößt weiterhin der geplante Wertstoffhof. Bei der Bürgerversammlung in der Turnhalle der Graßlfinger Schule am Mittwochabend machte eine Gruppe aufgebrachter Bürger nach dem zweieinhalbstündigen Bericht des Bürgermeisters Andreas Magg (SPD) über kommunale Errungenschaften des letzten Jahres ihrem Ärger Luft. Zu viel Lärm und zu viel Verkehr komme vor ihre Haustüren, in den "Zwickel" zwischen Tuchola- und Ludwigstraße, - so die Hauptsorgen. Doch ein weiterer Grund zeichnete sich in ihren Beiträgen ebenfalls ab: Die Anwohner befürchten durch den Bau eines Wertstoffhofs in unmittelbarer Nachbarschaft eine Wertminderung der teilweise erst kürzlich erworbenen Grundstücke.

In den sechs Jahren, in denen Olching eine Stadt ist, ist sie um etwa 3000 Einwohner gewachsen. Seit Ende der Siebziger ziehen verstärkt mehr Menschen nach Olching, sodass sich seit 1978 die Einwohnerzahl verdoppelt hat. Hinzu kommen steigende Geburtenzahlen, mittlerweile werden in der Stadt mehr Kinder geboren als Tote verabschiedet. Für den Bürgermeister Magg seien das zwar "erfreuliche Zahlen", aber sie bedeuteten gleichzeitig auch große Herausforderungen für die Kommunalpolitik. Exemplarisch werden diese an dem Streit um den geplanten Wertstoffhof erkennbar: Mehr Menschen produzieren mehr Müll.

Auf diesen Umstand habe die Bürgervereinigung Schwaigfeld (Büsch) schon vor mehr als zehn Jahren hingewiesen, hieß es aus den vorderen Reihen bei der Bürgerversammlung. Die Kapazitäten des großen Olchinger Wertstoffhofs im Gewerbegebiet im Süden an der Johann-G.-Gutenbergstraße seien schon damals ausgereizt gewesen. Auch der Vertreter des Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Fürstenfeldbruck (AWB), Stefan Zöllner, schaltete sich mehrmals in die Debatte ein. Der alte Wertstoffhof sei 1996 für etwa 20 000 Einwohner konzipiert worden. Auch die kleinere Sammelstelle für Gartenabfälle und Wertstoffe in Esting an der Gleiserstraße werde sehr stark frequentiert. Es sei daher höchste Zeit, den Bedarf für weitere 8000 bis 9000 Bürger abzudecken. Bürgermeister Magg zählte auf, was auf dem neuen Wertstoffhof beseitigt werden könnte: Der wichtigste Abfall sei das besonders in den Sommermonaten anfallende Grüngut aus den Gärten der Bürger. Aber auch für Plastik, Sperrmüll, Elektro- und Eisenschrott könnten Container auf den geplanten Hof gestellt werden.

Magg bemühte sich, gelassen auf die vielen Beschwerden zu reagieren. Der Bedarf sei an die Stadt herangetragen worden und Mitte 2015 erwarb sie das umstrittene Grundstück, "für die Zukunft, für die Gemeinschaft", wie Magg betonte. "Wir sind ganz in der frühen Planungsphase", ließ er verlauten. Erst nachdem alle Einwendungen gehört werden konnten, würde sich die Stadt um ein Immissionsschutzgutachten bemühen, um die tatsächliche Lärm- und Verkehrsbelästigung zu ergründen. "Ja, es werde mehr Verkehr geben", gab Magg zu, doch er habe vor, diese Tatsache ebenfalls wie die mögliche Lärmbelästigung in die Planung einzubeziehen. Indes verhärteten sich auf den hinteren Reihen der Turnhalle die Gesichtsausdrücke der Anwohner. Ein direkter Anwohner wies auf eine Gesetzesvorgabe hin, die keinen Wertstoffhof im Radius von 100 Meter neben einem Wohngebiet erlaube. Magg ist diese Regelung zwar bekannt, es sei aber unklar, ob sie bei dem geplanten Wertstoffhof zutreffe, das hänge von der tatsächlichen Größe ab. Diese, das bestätigte auch Zöllner, sei jedoch noch nicht genau festgelegt worden. Die Größe und der genaue Standort auf dem dreieckigen Grundstücks müssten noch ermittelt werden, auf dem Vorentwurf des Bebauungsplans ist jedoch das gesamte Grundstück, das zwischen Golfplatz und Olchinger See liegt, zur Nutzung eingeplant, inklusive einer geplanten Umzäunung durch eine Art Grüngürtel. Ein weiterer Anwohner witzelte sarkastisch, er könne in Zukunft seinen Abfall direkt aus seinem Fenster werfen, und bekam Applaus von den Leidensgenossen. Magg wandte ein: "Es wird niemand in der Stadt etwas versuchen durchzuboxen, was gesetzlich nicht geht."

Der Missmut der Anwohner ließ nach zweistündiger Debatte nicht nach. Ein Mann, der die befürchtete Wertminderung seines Grundstücks zum Thema machte, bohrte gegen Ende beim Bürgermeister nach: "Welche Alternativstandorte haben sie ernsthaft geprüft?" Alternativen könne die Stadt nicht anbieten, denn eine mögliche Grundfläche dürfe sowohl nicht zu nah und nicht zu weit von baulichen Strukturen sein. Auch das Gewerbegebiet an der Industierstraße komme nicht in Frage, da das Grundstück nicht der Stadt gehöre und der Eigentümer kein Wertstoffhof auf seinem Gelände haben möchte, wie Magg vermutet. Die ins Auge gefasste keilförmige Fläche im Schwaigfeld sei die einzige Möglichkeit für einen mittleren Wertstoffhof. "Entweder dort, oder die nächsten 50 Jahre gibt es keinen weiteren", sagte Magg.

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Quelle:
SZ vom 20.10.2017
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