Energiewende:Erdwärme für Germering und Puchheim

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Der Bohrturm eines ähnlichen Projekts in Freiham, das 2016 in Betrieb gegangen ist. (Foto: Stadtwerke München)

Stadträte stimmen mit großer Mehrheit für  Geothermie-Projekt in Kooperation mit den Stadtwerken München. Die Anlage soll 2033 in Betrieb gehen.

Von Peter Bierl, Puchheim, Germering

Die Stadträte von Germering und Puchheim haben am Dienstag für ein gemeinsames Geothermie-Projekt mit den Stadtwerken München (SWM) votiert. In Germering gab es drei Gegenstimmen, in Puchheim sieben. Germerings Oberbürgermeister Andreas Haas (CSU), sein Puchheimer Kollege Norbert Seidl (SPD) und Karin Thelen, SWM-Geschäftsführerin für die regionale Energiewende, erläuterten das Vorhaben am Mittwoch.

Geplant ist eine Anlage mit acht Bohrungen, die aus bis zu 2,5 Kilometer Tiefe etwa 90 Grad heißes Wasser an die Oberfläche befördern sollen, um Fernwärmenetze zu speisen. Erwartet wird eine Leistung von 52 Megawatt. Die Kosten werden auf 260 Millionen Euro geschätzt, davon werden rund 90 Millionen durch eine Förderung aus dem Bundesprogramm effiziente Wärmenetze abgedeckt, erklärte SWM-Projektmanagerin Christine Cröniger. Der laufende Betrieb soll etwa drei Millionen Euro kosten, die Anlage 2033 ans Netz gehen.

Puchheim müsste etwa 26, Germering zwischen 23 und 43 Millionen Euro schultern

Die drei Partner werden eine GmbH gründen, an der Germering mit 25 Prozent, Puchheim mit 15 Prozent und die Stadtwerke mit 60 Prozent beteiligt sein werden. Puchheim müsste etwa 26 Millionen schultern, in Germering gibt es zwei Szenarien. Demnach würden zwischen 23 und 43 Millionen fällig.

Wo gebohrt wird, ist noch offen. Das müssen weitere Untersuchungen ergeben. „Je südlicher, desto tiefer müssen wir bohren und desto heißer wird das Wasser“, erklärt Seidl. Beim Standort gelte es auch die Nähe zu den Fernwärmenetzen und Kunden abzuwägen.

Puchheim verfügt bereits über ein Fernwärmenetz, mit dem vor allem das Planie-Viertel versorgt wird. Dort wird die Energie an das Bayernwerk Natur verkauft, das die Verteilung übernimmt. Den weiteren Ausbau des Netzes werde die Stadt ausschreiben. Es sei daran gedacht, kommunale Gebäude wie das Schwimmbad am Gerner Platz und das Neubaugebiet im Norden anzuschließen.

Puchheim verfügt bereits über ein Fernwärmenetz, mit dem vor allem das Planie-Viertel versorgt wird

Germering verfügt bislang nur über kleinere Netze, die ausgebaut werden sollen. Dafür gründen die Stadt und die SWM eine eigene Gesellschaft. Welche Gebiete angeschlossen werden, könne man aber noch nicht sagen. Vermutlich werde man mit öffentlichen Gebäuden und „großen Abnehmern an großen Straßen beginnen“, so Haas.

Im nächsten Schritt soll eine gemeinsame Gesellschaft unter dem Namen Zukunftswärme M-West gegründet werden, anschließend wird beim bayerischen Wirtschaftsministerium ein Claim beantragt, ein Gebiet, in dem gebohrt werden darf. Dabei handelt es sich um eine Fläche, die sich Puchheim seinerzeit für sein Projekt gesichert hatte, das 2017 per Bürgerentscheid gestoppt wurde. Es umfasst ein 80 Quadratkilometer großes Gebiet, das Eichenau und Alling einschließt, sowie Teile von Olching, Gröbenzell und Fürstenfeldbruck. Im dritten Schritt wird eine Machbarkeitsstudie erstellt. Die beiden Bürgermeister betonen, dass es drei „Haltepunkte"“ gebe, an denen der Stand des Projekts geprüft wird und die Möglichkeit bestehe, wieder auszusteigen.

Die markante Konstruktion nahe der Bahnlinie in Freiham. (Foto: Robert Haas)

Für die Stadtwerke München ist die Anlage eine von zehn mit insgesamt etwa 50 Bohrungen, sieben betreiben die SWM bereits. Germering tüftelt seit Jahrzehnten an der Geothermie, aber bislang fehlte ein Partner, erklärte OB Haas. Nach Überzeugung seines Puchheimer Kollegen hat sich die Situation seit 2017 verändert, als ein Projekt per Bürgerentscheid gestoppt worden war.

Es gibt mittlerweile bessere Erkenntnisse über Risiken von Bohrungen

Man müsse sich dem Klimawandel stellen und eine unabhängige Energieversorgung sei notwendig. „Da ist es ein Glück, dass das Molassebecken in Südbayern die Erdwärme hergibt“, sagt Seidl. Verbessert hätten sich auch die Erkenntnisse über mögliche Erdbeben, die durch Bohrungen ausgelöst werden könnten.

Die Bedenken in Puchheim kreisten vor allem um die Kosten, so Seidl. Der Bürgermeister sieht eher die Chancen: „Geothermie kann Finanzierungslücken schließen, irgendwann fließt Geld in die Kasse.“ Die Gegenstimmen stammten aus den Reihen der CSU und von der FW-Sprecherin Michaela von Hagen, die vor einem massiven Eingriff in die Natur warnte: „Wir haben nicht erforscht, ob es nicht Konsequenzen hat, wenn wir Wasser um 31 Grad abkühlen und an anderen Stelle wieder einführen.“ Sie hält es auch für falsch, bewusst Mikrobeben auszulösen.

Auch der Sprecher der kritischen Bürgerinitiative signalisiert diesmal Zustimmung

FW-Stadtrat Michael Peukert hatte angekündigt, diesmal dafür zu stimmen. Er war Sprecher der Bürgerinitiative, die das Geothermie-Projekt einst zu Fall gebracht hatte. Er habe immer noch Bedenken, dass Bohrungen Schäden verursachen könnten, aber seismische Ereignisse würden besser untersucht und gebohrt werde auch, wenn Puchheim ablehnt, so Peukert zur SZ. Der FDP-Stadtrat Martin Koch befürwortet Geothermie, fordert aber einen Bürgerentscheid zum „frühestmögliche  Zeitpunkt“.

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