Süddeutsche Zeitung

Gemeinsames Gedenken:Mahnung zum Frieden

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Vertreter von Luftwaffe, Bruck und Volksbund enthüllen Informationstafel am Ehrenhain für die Kriegsgefangenen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Gedenkstätte wird dorthin gerückt, wohin sie gehört: in den Blickpunkt und irgendwie auch mitten hinein in die Kreisstadt. Am Rande des Henrik-Moor-Wegs, der den S-Bahnhof mit Klosterkirche und Veranstaltungsforum verbindet, weist nun eine "Geschichts- und Erinnerungstafel" vor allem auf die dort während des Ersten Weltkriegs und in den beiden folgenden Jahren bestatteten Kriegsgefangenen hin. Enthüllt wurde sie am Donnerstag von Mitgliedern der Luftwaffe sowie des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge - im Beisein von Vertretern der Stadt sowie der Konsulate Frankreichs, Polens, Rumäniens, der Ukraine, Weißrusslands und der Russischen Föderation.

Mitglieder eines Lehrgangs der Offizierschule in Ausgehuniformen haben sich am Morgen auf beiden Seiten des mit Blumen und Kerzen geschmückten Gedenksteins aufgestellt. Es ist kalt und die Sonne verbirgt sich hinter dichten Wolken. Es passt zu der Stimmung, es passt zum Anlass - es passt zu dem "dunklen Kapitel unserer Stadtgeschichte", wie es Oberbürgermeister Erich Raff nennt. Ab und zu rauscht ein paar Meter weiter oben am Hang eine S-Bahn vorbei und die Redner müssen kurz innehalten. Der Würde der Feier tut das keinen Abbruch.

Raff erinnert an das Ende des Ersten Weltkriegs, das sich in diesem November zum hundertsten Mal jährt. Er dankt den Angehörigen des Volksbundes sowie der Bundeswehr und Kreisgruppe Amper-Würm im Verband der Reservisten der Bundeswehr, die in mühevoller Kleinarbeit die Gedenkstätte makellos wiederhergestellt, von Unkraut befreit und Sträucher zurückgeschnitten haben. Raff: "Was mit der Pflege der Kriegsgräberstätten auf der ganzen Welt als Versöhnung über den Gräbern begann, wird mehr und mehr zur Arbeit für den Frieden" - den es zu bewahren gelte.

Brigadegeneral Michael Traut, Standortältester des Fliegerhorsts und Leiter der Offizierschule, greift den Faden vor der gemeinsamen Schweigeminute auf. Er selbst dürfe bald seinen 54. Geburtstag feiern. Mit Blick auf die hohen Opferzahlen in den Weltkriegen sei es für einen Soldaten fast so etwas wie ein Privileg, dieses Alter erreichen zu dürfen. Traut hält er es für sehr bedeutsam, die Geschichte den jüngeren Generationen zu vermitteln.

In Fürstenfeldbruck haben 274 Menschen ihre letzte Ruhestätte gefunden, 258 davon waren Kriegsgefangene. Den kleinen Ehrenhain, der nur ein paar Meter entfernt liegt vom Mahnmal für die deutschen Gefallenen in den beiden Weltkriegen, kennen alteingesessenen Fürstenfeldbrucker auch als "Russenfriedhof". Beigesetzt wurden dort auch Menschen aus Frankreich, Rumänien, Polen, Serbien, Lettland, Litauen, Estland, Weißrussland und der Ukraine. Viele waren im Kriegsgefangenenlager Puchheim interniert und wurden wegen schwerer Erkrankungen ins Reservelazarett Fürstenfeld verlegt. Neben dem Konventgebäude wurden östlich des Klosters Holzbaracken für Unterbringung und medizinische Versorgung genutzt - im Stadtarchiv gibt es einige historische Fotoaufnahmen, die mehrere Patienten in Holzbetten unter freiem Himmel zeigen. Vor allem die Spanische Grippe forderte 1918 viele Opfer. Deshalb wurde für die im Lazarett Verstorbenen ein eigener Friedhof nahe dem Kloster errichtet.

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Quelle:
SZ vom 23.11.2018
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