Geburten:Babys willkommen

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Während anderswo Geburtshilfeabteilungen schließen, erweitert das Klinikum Fürstenfeldbruck sein Angebot. Neuerdings sind dort auch zwei niedergelassene Gynäkologen als Belegärzte tätig

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Viele Frauen möchten, dass ihr Gynäkologe, der sie durch die gesamte Schwangerschaft begleitet hat, bei der Geburt dabei ist. Im Klinikum Fürstenfeldbruck ist das jetzt möglich, seit einem knappen halben Jahr gibt es an der dortigen Frauenklinik auch zwei Belegärzte. Die Brucker Kreisklinik profitiert damit indirekt von der Schließung der Geburtshilfestation an der Wolfart-Klinik in Gräfelfing, wo die beiden Gynäkologen zuvor als Belegärzte tätig waren.

Die beiden niedergelassenen Gynäkologen Henrik Rebhan und Mohammed Massarue ergänzen das Angebot der gynäkologischen Abteilung im Krankenhaus. Das Belegarztsystem ist an bayerischen Kliniken weit verbreitet. Es gibt den Ärzten die Möglichkeit, neben dem Betrieb einer eigenen ambulanten Praxis auch stationäre Leistungen anzubieten.

Halbjährige Testphase

Die beiden Mediziner hatten auf der Suche nach Belegbetten in Fürstenfeldbruck angefragt und waren dort sofort auf Interesse gestoßen. Nach einer halbjährigen Testphase "haben wir sehr gute Rückmeldungen und nahezu null Probleme", fasst Klinikvorstand Alfons Groitl jetzt die ersten Erfahrungen bei der Vorstellung der beiden Mediziner zusammen. Fürstenfeldbruck habe "das beste Gesamtpaket" zu bieten, sagt Rebhan. "Die Zusammenarbeit klappt hervorragend", ergänzt Massarue. Seine Patientinnen seien sehr zufrieden. Henrik Rebhan, 49 Jahre alt und Vater dreier Kinder, ist seit 1996 Frauenarzt und hat seit 2005 eine eigene Praxis in Gilching. Mohammed Massarue, 56, hat ebenfalls drei Kinder und ist seit 2004 niedergelassener Gynäkologe in Germering.

Im deutschlandweiten Trend

Am Klinikum Fürstenfeldbruck stiegen die Geburtszahlen zuletzt auf mehr als 600 pro Jahr. Nach den Zahlen des ersten Quartals erwartet Moritz Schwoerer, Chefarzt der Frauenklinik und ärztlicher Direktor des Klinikums, in diesem Jahr sogar etwa 700 Geburten - das wäre neuer Rekord. Damit liegt Fürstenfeldbruck im deutschlandweiten Trend, wonach wieder etwas mehr Kinder geboren werden. Dass eine Klinik auch über eine eigene Geburtshilfeabteilung verfügt, ist jedoch nicht mehr selbstverständlich in diesen Zeiten, obwohl "Geburtshilfe positiv-emotional besetzt ist und ein guter Ruf der Geburtshilfe auf das ganze Krankenhaus abfärbt", wie Schwoerer sagt. Die Entwicklung, dass kleine Geburtsabteilungen auf dem Land ausstürben, würde nun auch auf Münchner Kliniken überschwappen, sagt Henrik Rebhan über die Schließung der Station in Gräfelfing. Geburtshilfe würde zunehmend als "zu kompliziert, kostenintensiv und gefährlich" wahrgenommen.

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Neue Ausrichtung in Gräfelfing

In der Tat geht der Trend seit Jahren zu größeren Zentren mit etwa 2000 Geburten im Jahr. Dem Statistischen Bundesamt zufolge gab es 1991 in Deutschland noch 1186 Kreißsäle, 2015 waren gab es nur noch 709 damit 40 Prozent weniger. In der näheren Umgebung machten zuletzt die Geburtshilfestationen in Bad Aibling und Bad Tölz dicht, in Erding waren zeitweise wegen Personalmangels nur Kaiserschnittentbindungen möglich. An der privaten Gräfelfinger Wolfart-Klinik finden seit vorigem September keine Entbindungen mehr statt. Aus Gräfelfing soll in Zukunft ein gynäkologisches Krebszentrum werden. Rebhan und Massarue wollen dort vorerst noch als Belegärzte gynäkologische Operationen durchführen, langfristig aber auch diese Leistung nach Fürstenfeldbruck verlegen.

Immer weniger Hebammen

Mit dem Aus in Gräfelfing wollten Rebhan und Massarue ihre Belegarzttätigkeit jedoch nicht aufgeben. "Es ist ein wunderschöner Teil unserer Arbeit", sagt Rebhan über die ärztliche Begleitung bei einer Geburt. Gerade die Arbeit als Belegarzt sei eine "sehr persönliche Arzt-Patienten-Beziehung", schließlich betreue man eine Schwangere über neun Monate einschließlich der Entbindung.

Immer mehr Kinder werden in den Kliniken mittlerweile per Kaiserschnitt entbunden. Binnen 25 Jahren verdoppelte sich die Kaiserschnittrate bundesweit auf fast 32 Prozent, Fürstenfeldbruck liegt mit 24 Prozent darunter. Hebammen plädieren seit langem dafür, die Zahl geplanter Kaiserschnitte zugunsten von Spontangeburten zu senken. Dass es in Fürstenfeldbruck anders ist, hat wohl auch damit zu tun, dass dort eine Hebamme in der Regel nur für eine Frau und nicht für mehrere Geburten gleichzeitig zuständig ist. Insgesamt sind sieben freiberufliche Hebammen in der Kreisklinik tätig. Zwei hatten vor einiger Zeit aufgehört, die Wiederbesetzung sei schwierig gewesen, räumt Chefarzt Schwoerer ein. Immer weniger Frauen wollen Hebamme werden, unter anderem hohe Versicherungsprämien machen ihren Beruf unattraktiv.

© SZ vom 06.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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