Galerie in Fürstenfeldbruck:Kunst benötigt Präsenz

Galerie in Fürstenfeldbruck: Vermissen den Dialog mit dem Publikum: Künstler Radu-Anton Maier und seine Frau Svetlana, deren kleine Fürstenfeldbrucker Galerie seit einem Jahr wegen Corona geschlossen ist und vorerst auch bleibt. Dies vor allem zum Schutz des 86-jährigen Betreibers, der auf einen Impftermin wartet.

Vermissen den Dialog mit dem Publikum: Künstler Radu-Anton Maier und seine Frau Svetlana, deren kleine Fürstenfeldbrucker Galerie seit einem Jahr wegen Corona geschlossen ist und vorerst auch bleibt. Dies vor allem zum Schutz des 86-jährigen Betreibers, der auf einen Impftermin wartet.

(Foto: Voxbrunner Carmen)

Die Galerie "Raduart" hat wegen der Pandemie nun seit fast einem Jahr geschlossen. Die Werke präsentiert sie inzwischen in einem professionell gestalteten Online-Shop. Doch bisher fand sich auf dem virtuellen Weg noch kein Käufer

Von Christian Hufnagel, Fürstenfeldbruck

Nein, sie werden ihre Galerie weiterhin geschlossen halten, sagt Svetlana Maier. Seit dem ersten Lockdown Mitte März vergangenen Jahres hat die kleine und etwas versteckt gelegene "international agierende und künstlergeführte Kunstgalerie" in der Ledererstraße in Fürstenfeldbruck zu. Auch die vorübergehenden Öffnungsmöglichkeiten im Sommer und Herbst sowie die nun angekündigten erneuten Lockerungen haben daran nichts geändert. Der Grund ist schlicht die Sorge der Ehefrau um ihren Mann, den sie vor einen Corona-Infizierung schützen müsse. Mit 86 Jahren gehört Radu-Anton Maier in der Pandemie zur Risikogruppe. Und eine Impfung hat der renommierte Maler bisher noch nicht erhalten: "Ich warte noch auf den Termin", sagt der gebürtige Siebenbürger, der über seine rumänische Heimat hinaus unter dem Künstlernamen "Radu" bekannt wurde und dessen Verkaufsraum er dann eben folgerichtig "Raduart" getauft hat.

Also wird es für das Ehepaar kein "Click and Meet" geben, was von Montag an im Einzelhandel, in Museen und Galerien erlaubt ist, wenn der Inzidenzwert zwischen 50 und 100 liegt, was im Landkreis derzeit der Fall ist. Wie beim Friseur könnte man also auch beim Galeristen einen Termin ausmachen. Das ist Svetlana Maier aber wegen des Infektionsrisikos für ihren Mann zu gefährlich. Also bleibt es bei "Click and Collect", was für ein Geschäft ihrer Art auch nicht gewöhnlich und durchaus kreativ zu nennen ist. Bedeutet: Im Schaufenster kann man sich die in jedem Fall fantastischen Bilder des Ehrenbürgers der Stadt Klausenburg und Kulturpreisträgers des Bundes der Vertriebenen anschauen, oder eben auf der professionell gestalteten Homepage, auf der sich ein "Online-Kunstshop" befindet, der zurecht diese Bezeichnung trägt. Wie ein Kleidungsstück könnte man ein Bild oder Zeichnung aussuchen, telefonisch bestellen, im Schaufenster vor Ort anschauen, kaufen und abholen: "Corona macht erfinderisch", kommentiert Radu Maier die digitalisierte Verkaufsmöglichkeit.

Die Präsentation im Internet ist überaus ansprechend, sehr übersichtlich angeordnet, mit einer prächtigen Auswahl des Œuvre des Malers und Zeichners. "Das perfekte Kunstwerk für jedes Zuhause" wird versprochen und eine Reihe von Geschmäckern werden bedient von einem Duktus, der surreale Figürlichkeit mit farbintensiver Abstraktion verbindet und vereint, von einem Stil, der die Kunstkritik dazu gestimmt hat, Radu Maier passenderweise den "Lyrischen Surrealisten" zuzuordnen. Also taucht der virtuelle Besucher ein unter der Rubrik "Landschaften" in entgrenzte und eher unwirtliche Welten zwischen Replik auf die Antike und dem Entwurf ferner Galaxien; in "Porträts", die wie ein futuristisches Antlitz des geschmerzten Menschen anmuten oder "Akte", die Eros und Ästhetik in der körperlichen Verschmelzung mit mosaikartiger Abstraktion sehen.

Wer wie Radu Maier in kommunistischen Zeiten an der Akademie gelernt, sich aber gegen den in diesem diktatorischem System geltenden Sozialistischen Realismus verwehrt hat, der beschreibt sein Wirken so: "Man soll die Realität so darstellen, wie wir befürchten, dass sie sein könnte, oder wie wir hoffen, dass sie sein wird, aber niemals so, wie sie ist. Die Kunst soll von der Realität ausgehen, aber diese erträgt auch Übertreibungen und Verformungen." Die Realität im Corona-Jahr war und ist für den Künstler indes ganz ohne Übertreibung eine ernüchternd harte, die sich in einem Satz der Ehefrau zusammenfassen lässt: "Wir haben kein einziges Bild verkauft."

Zwar hat sich dieser "Albtraum" für das Ehepaar zum Glück noch nicht zu einer existenziellen Krise ausgeweitet, weil Svetlana Maier einen Job im Digitalmanagement und ihr Mann eine Pension als ehemaliger Kartenzeichner bei der Regierung von Oberbayern hat; doch eine Galerie muss unterhalten werden und lebt eben vom Verkauf von Kunst. Diese ist zwar vorrangig jene des Betreibers, "Raduart" präsentiert aber auch immer wieder Gemeinschaftsausstellungen mit Künstlern aus der Region oder aus Siebenbürgen.

Doch Kunst lässt sich offensichtlich nicht wie ein Alltagsgegenstand online verkaufen: "Die Kundenbindung ist sehr schwierig", formuliert Svetlana Maier das Manko geschäftsmännisch. In der Regel brauche es viele Gespräche, bis sich ein Kunstinteressierter entscheide. Auch wolle er das Bild in Wirklichkeit sehen. All das ist derzeit unmöglich oder sehr schwierig. "So stehen die Uhren bei uns seit 15. März still." Obgleich es keine finanzielle Hilfe für die kleine Galerie gibt, lässt sich das Ehepaar nicht entmutigen: "Aufzuhören kommt überhaupt nicht in Frage", sagt die gebürtige Moldawierin, die nicht müde wird, für den Online-Kunstshop zu werben. Und Ehemann Radu Maier, der 1967 Rumänien verlassen hat, mag nach lebenslangen Erfahrungen mit den Widrigkeiten der Akzeptanz künstlerischen Schaffens erst recht nicht verzagen: "Von der Kunst zu leben, ist eine Kunst für sich", sagt einer, der auch in dieser Kunst offenbar ein Meister ist.

Die Internetadresse der Galerie lautet: www.raduart.com

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