Fürstenfeldbrucks Grüne:Ungebremste Plastikflut

Vor einem halben Jahr haben Fürstenfeldbrucks Grüne eine Initiative für einen möglichst umfassenden Umstieg auf Stoffbeutel angestoßen. Dass seither wenig passiert ist, kreiden sie vor allem der Stadtspitze an.

Von Stefan Salger

Bruck: TAGESTHEMA - Plastiktuete (Plastiktüte)

Einkauf mit klassischer Plastiktüte

(Foto: Johannes Simon)

Ob die Stadt sich zum Vorbild für andere Kommunen aufschwingen wird, ist ungewiss: Im April hatten Stadtspitze und Geschäftsleute den Vorstoß der Grünen, Bruck zur ersten plastiktütenfreien Kommune Bayerns zu machen, noch mit Interesse aufgenommen. Ein halbes Jahr später scheint kaum etwas vorangegangen zu sein. Die Grünen zeigen sich ernüchtert und werfen der Stadtspitze mangelndes Engagement vor.

In einem Telefoninterview mit dem Radiosender Bayern 1 räumte OB Sepp Kellerer am Montag ein, die Bürger zum Verzicht auf Plastiktüten zu bewegen, sei nicht leicht. Er plädierte für Preisaufschläge oder das Verbot von Einweg-Plastiktüten. Die Erfahrung zeige, dass sich Verhaltensänderungen vor allem "über den Preis" erreichen ließen. Geht es nach der EU-Kommission, könnten Verbote bald schon zulässig sein. Umweltkommissar Janez Potocnik hat am Montag seine Pläne vorgelegt, für die er allerdings noch Europaparlament und nationale Regierungen gewinnen muss. Plastiktüten seien "ein Symbol unserer Wegwerfgesellschaft", sagte Potocnik in Brüssel.

Harald Kaluza, Ortsvorsitzender der Brucker Grünen, und die Grünen-Stadträtin Karin Greiner hatten die Initiative "Plastiktütenfreie Stadt" angestoßen und auf dem Geschwister-Scholl-Platz gleich öffentlichkeitswirksam Plastiktüten gegen Stofftragetaschen getauscht. Die Aktion stieß laut Greiner auf große Resonanz. Ein halbes Jahr später aber herrscht bei den Grünen Ernüchterung. Zwar gab es jüngst ein Gespräch mit je einem Vertreter von Stadt und Gewerbeverband. Mehr aber sei nicht passiert. Eine Sprecherin der Stadt verwies am Dienstag auf begrenzte Ressourcen. Es werde aber auf der städtischen Homepage und im Rathausreport informiert, und am Marktsonntag seien Stofftaschen verteilt worden. Zudem soll in den kommenden Wochen eine aus recycelbarem Kunststoff hergestellte, langlebige Einkaufstasche vorgestellt werden. Zunächst 5000 Exemplare des Werbeträgers sollen mit Ansichten der Innenstadt und von Fürstenfeld bedruckt und gemeinsam mit dem Gewerbeverband vertrieben werden. Den Grünen ist das zu wenig. Die Stadt habe es versäumt, die Geschäftsleute nachdrücklich zum Umstieg auf Stoffbeutel zu bewegen. Was Greiner "gewaltig ärgert": Erst als der Bayerische Rundfunk den Wunsch geäußert habe, den OB zum Thema Plastiktüten zu interviewen, habe sich eine Mitarbeiterin der Verwaltung bei den Grünen erkundigt, wie weit die Initiative denn vorangeschritten sei.

Beim Gewerbeverband kümmert sich Wilhelm Kohl vom gleichnamigen Modehaus an der Hauptstraße ums Thema Plastiktüten. Kohl war am Dienstag nicht erreichbar. Vor einiger Zeit hatte er sich dem Vorstoß der Grünen gegenüber aber durchaus aufgeschlossen gezeigt. Einen weitgehenden Verzicht auf Plastiktüten hatte er aus ökologischen und ökonomischen Gründen als wünschenswert bezeichnet. Papiertüten seien für Bekleidungsgeschäfte aber keine vollwertige Alternative, und Stofftaschen würden von vielen Kunden schlicht nicht angenommen. Die Akzeptanz unter Kunden bessert sich dem Eindruck einer Verkäuferin zufolge aber, die im Treffpunkt Wagner im Center Buchenau arbeitet. Dort werden unter anderem Schreibwaren und Geschenkartikel verkauft - Kunden erhalten kostenlose Papiertaschen und im Falle größerer Einkäufe auch Stoffbeutel. Mit Aushängen wird für den Verzicht auf Einwegbeutel geworben. "Viele sind durchaus einsichtig", so eine Verkäuferin am Dienstag, "und immer mehr Kunden bringen auch bereits eine eigene Einkaufstasche mit."

Einen spürbareren Effekt hätte wohl der Zwangsaufschlag auf Plastiktüten, auch wenn Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) solche Maßnahmen bislang ablehnt. OB Sepp Kellerer nennt Irland als Vorbild. 22 Cent sind dort mittlerweile pro Einwegtüte fällig. Kurz nach Einführung der Abgabe sank der Verbrauch von Plastiktüten um 90 Prozent. Solche Aufschläge sind für AEZ-Seniorchef Klaus Klotz kein Tabu. Weil die Geschäfte aber in Konkurrenz stehen, müssten sie für alle einheitlich gelten, mahnt Klotz. In seinen Supermärkten gibt es keine kostenlosen Tüten, dafür aber eine große Auswahl an Tragetaschen - von der Papiertüte für ein paar Cent bis hin zur stabilen Einkaufstasche für ein paar Euro.

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