Fürstenfeldbruck:Zweiter Versuch

Lesezeit: 3 min

Weil das erste Bürgerbegehren an einem Formfehler gescheitert ist, startet die BBV einen neuen Anlauf gegen die Verlagerung der Stadtwerke in den Brucker Westen. Diesmal mit den Grünen.

Peter Bierl

- Zur geplanten Stadtwerke-Verlagerung in Fürstenfeldbruck zeichnet sich ein weiteres Bürgerbegehren ab. Über 100 Teilnehmer kamen am Donnerstag zu einer Veranstaltung von BBV und Grünen. Sie plädierten für einen Umzug in das Industriegebiet Hasenheide oder auf ein Gelände im Fliegerhorst statt an der Cerveteristraße, wo eine Wiese bebaut werden müsste. "Auch die Bürger im Westen haben ein Recht auf Grün", sagte ein Teilnehmer.

Der große Saal in dem Mehrgenerationenhaus war überfüllt, etliche Besucher standen auf dem Flur. "Wir sind von der großen Resonanz überrascht", sagte BBV-Stadtrat Klaus Pleil der SZ. Der zweite Versuch eines Bürgerbegehrens wird anders als der erste auch von den Grünen unterstützt, deren Stadträtin Karin Geißler im Aufsichtsrat der Stadtwerke sitzt. Sie plädierte am Donnerstag dafür, sowohl die Ansiedlung der Stadtwerke als auch eine Wohnbebauung auf der grünen Wiese im Westen zu stoppen: "Wir können beides im Fliegerhorst unterbringen, wir brauchen dort auch Wohnungen, um ein attraktives Viertel zu schaffen."

Zuvor hatte Pleil in einem Vortrag die Kritik an einem Umzug der Stadtwerke an die Cerveteristraße zusammengefasst. Im Fall eines Neubaus dort würde die einzige größere Grünfläche im Brucker Westen verbaut. Jeweils 13 000 Quadratmeter sind für die Stadtwerke und Wohnbauten vorgesehen, 2000 Quadratmeter sind für ein Kinderhaus reserviert. Die Stadtwerke würden ihren Bauplatz von der Immobilienfirma Igewo bekommen, die im Gegenzug das alte Werksgelände nördlich der Aumühle kauft, das rund 6200 Quadratmeter groß ist. Vor Beginn der öffentlichen Proteste sollte die Igewo auch die Fläche südlich der Bibliothek erhalten, und die Stadt wollte den Tennisplatz am Amperufer in einen Parkplatz verwandeln. Davon ist Oberbürgermeister Sepp Kellerer (CSU) abgerückt, nachdem eine Initiative Ende 2011 die Unterschriften für das erste Bürgerbegehren übergeben hatte, das vom Stadtrat und vor Gericht wegen eines Formfehlers abgelehnt worden war.

Pleil wiederholte seine Kritik daran, dass die Stadtwerke günstigen Gewerbegrund im Westen gegen ein teueres Filetgrundstück im Zentrum tauschen. Das Grundstück an der Amper werde quasi für 300 Euro pro Quadratmeter hergegeben. "Für den Preis würde ich mir dort auch gerne was kaufen", sagte Pleil. Er rügte, dass die zwei schönen alten Villen der Stadtwerke in den Berechnungen als wertmindernd eingesetzt werden. "Die Zahlen sind völlig verquer."

Grüne und BBV betonten, dass sie zwar eine Verlagerung der Stadtwerke und einen großzügigen Neubau wollen, aber im Brucker Norden. Auf dem Fliegerhorst gebe es mehrere geeignete Flächen und im Gewerbegebiet Hasenheide stünden 20 000 Quadratmeter "sofort zur Verfügung", betonte Pleil. Von allen Standorten im Norden seien die Bundesstraße 2 und 471 gut zu erreichen. "Wer den Stadtwerke-Mitarbeitern Gutes tun will, sollte aufhören, die Zeit mit Luftschlössern zu verplempern, und sofort in der Hasenheide bauen", meinte der BBV-Stadtrat. Der Standort im Westen sei möglicherweise auch noch zu klein.

Während die meisten Zuhörer die Kritik unterstützten, versuchten die SPD-Stadträte Axel Lämmle und Walter Schwarz sowie CSU-Stadtrat Karlheinz Stoklossa den Bau auf der grünen Wiese zu verteidigen. "Das wird kein Gewerbegebiet, da gibt es keine Fabrikschlote", erklärte Lämmle. Während mehrere Bürger sich gegen weitere Zersiedlung und Flächenverbrauch aussprachen, zumal im Fliegerhorst ein riesiges Areal zur Verfügung stünde, meinte der SPD-Fraktionschef: "Nachverdichtung reicht nicht. Wir brauchen neue Gebiete für den Wohnungsbau im Raum München."

Schwarz sagte, dass die Stadt für ein Drittel der geplanten Wohnungen im Westen ein zeitlich befristetes Belegungsrecht mit günstigeren Mieten aushandeln könnte, dafür könnte man der Igewo einen Teil des Kaufpreises stunden. Er widersprach der Darstellung Pleils, das Grundstück in der Hasenheide wäre sofort verfügbar. Details nannte Schwarz nicht. "Das wird im Industha-Beirat besprochen und ist nicht öffentlich", sagte Schwarz der SZ am Freitag. Was den Fliegerhorst betreffe, könne es Jahre dauern, bis man etwas bauen könne.

In der Versammlung widersprach Schwarz den Berechnungen Pleils: Das Grundstück im Westen sei wertvoller als es dieser darstelle und das alte Stadtwerke-Areal günstiger, weil etwa wegen des hohen Grundwasserstandes an der Amper keine Tiefgaragen gebaut werden könnten. Mit moderner Technik wäre das möglich, entgegnete Pleil. Stoklossa verwies auf Gutachten zu den Grundstückswerten und sagte, der Neubau der Stadtwerke im Westen würde wie ein Lärmschutz zur Bundesstraße 471 hin wirken.

Mehr als 60 Personen trugen sich am Ende der Veranstaltung in eine Liste ein. Sie wollen in einer neuen Initiative mitarbeiten, die das Bürgerbegehren organisieren soll. Die BBV hatte bereits früher rund 800 Unterschriften gegen die Verlagerung in den Westen gesammelt. Das erste Bürgerbegehren 2011 hatten 2800 Einwohner unterstützt.

© SZ vom 12.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: