Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Zu viele Mängel für die Radl-Auszeichnung

Nach einer Prüfung erhält Bruck den Titel "Fahrradfreundliche Kommune" noch nicht. Aber es besteht Hoffnung

Von Fabiana Braunstorfer, Fürstenfeldbruck

Frische Luft, Bewegung, ein gutes Gewissen. Außerdem kein Stau, kein Gedränge, keine Verspätungen. Es gibt einige Vorteile des Radelns, die zeigen, dass klimafreundliche Fortbewegung durchaus Spaß bereiten kann. Entscheidend sind aber für viele Bürgerinnen und Bürger die Straßenverhältnisse - und gerade da gibt es noch viel zu tun. Für die Verbesserung der Infrastruktur hat die Stadt Fürstenfeldbruck bereits die Radverkehrsbeauftragte Claudia Gessner engagiert. 2015 wurde Bruck dann in die "Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen in Bayern" (AGFK Bayern) aufgenommen. Damals gab es eine sogenannte Vorbereisung, das heißt eine erste Stadtexkursion der AFGK-Bewertungskommission.

Spätestens im vierten Jahr nach dieser Vorbereisung erfolgt dann die Hauptbereisung, bei der geprüft wird, welches positiven oder auch negativen Veränderungen es gibt. Werden die Bewertungskriterien der AGFK erfüllt, schlägt der Vorstand dem zuständigen Ministerium vor, die Auszeichnung "Fahrradfreundliche Kommune in Bayern" zu verleihen.

Am Montag war die Stadt Fürstenfeldbruck nun mit dieser Hauptbereisung an der Reihe. Nach einer Präsentation stiegen die Kommissionsmitglieder, Claudia Gessner und weitere Vertreter der Stadt auf das Rad. Nach einer zweieinhalbstündigen Tour zog sich dann die Kommission zurück, um über die Beurteilung zu debattieren. Ihr Fazit: Fürstenfeldbruck ist noch nicht fahrradfreundlich genug für eine Auszeichnung. Werden die Mängel beseitigt, kann es trotzdem noch zur Ernennung kommen.

Von der Bewertungskommission gab es aber auch Lob für die Stadt: "Mit dem Thema wird sich ordentlich auseinandergesetzt." Seit der Vorbereisung vor vier Jahren habe sich schon viel getan. So seien öffentliche Servicestationen mit Luftpumpen, ein runder Tisch und ein Winterdienstplan mit gut erkennbaren Routen realisiert worden. Bis Juli 2020 müsse die Stadt nun noch wesentliche Änderungsvorschläge der AGFK-Kommission umsetzen, etwa einen umfassenden Verkehrsentwicklungsplan (VEP) fertigstellen. Konkret heißt das: Mit Hilfe von weiteren Beschilderungen das Fahrradnetz zugänglicher gestalten. Claudia Gessner zählte dann noch weitere Punkte auf: Gehwege, auf denen sich bisher die Radler in Schrittgeschwindigkeit fortbewegen müssen, könnten als Geh- und Radwege getrennt und markiert werden. Als Beispiel nannte sie den Stockmaierweg. Auch Engstellen, bei denen die Breitenverhältnisse geändert werden könnten, oder den Winterdienst nannte sie. Doch ob der VEP bis Juli 2020 fertiggestellt werden kann, wollte Gessner noch nicht mit Gewissheit versprechen. Zunächst einmal gehe es um die Priorisierung der Maßnahmen. Manches lasse sich auch nicht so leicht ändern. Bundesstraßen und große Kreuzungen etwa seien hinderlich für schnelles Fahren, da könne man wohl keine schnelle Lösung finden.

Die Kommission pflichtete Gessner darin bei, dass die "Fahrradfreundlichkeit" einer Stadt nicht leicht festzustellen sei. Das liegt an den Standards, an Personalbesetzung, an der bereits bestehenden Infrastruktur. Die Kommission wolle einen "selbsttragenden Prozess" erkennen. Man solle "nicht so viel diskutieren", lieber "kleine Schritte" unternehmen, dann sei das auch "konzeptuell stimmig". Mehrmals fiel vonseiten der Kommission und der Stadt folgender Satz: "Die Wahrheit liegt auf der Straße." Der unangenehme Teil der Wahrheit: Als "klassische oberbayerische Autostadt" habe Fürstenfeldbruck mit "jahrzehntelangen Versäumnissen" zu kämpfen.

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SZ vom 09.10.2019
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