Fürstenfeldbruck:Wohlfeile Bekenntnisse zum Klimaschutz

Fürstenfeldbruck: Auch umweltfreundliche Energiegewinnung hat Schattenseiten: So wird die Anlage in Egg vor allem mit Mais befüllt, der Monokulturen befördert. Und Windräder geraten wegen der angeblichen "Verspargelung" der Landschaft in die Kritik.

Auch umweltfreundliche Energiegewinnung hat Schattenseiten: So wird die Anlage in Egg vor allem mit Mais befüllt, der Monokulturen befördert. Und Windräder geraten wegen der angeblichen "Verspargelung" der Landschaft in die Kritik.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Vorsitzenden des Vereins Ziel 21 sehen nach Abschluss des Bayerischen Energiegipfels zwar einige positive Ansätze. Weil den schönen Worten aber schnell Taten folgen müssen, fordern sie einen "Umsetzungsgipfel"

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Es gibt gute Ideen für den Klimaschutz. Aber es mangelt vor allem auf Landesebene am Willen zur Umsetzung. So lässt sich eine Stellungnahme des stellvertretenden Ziel-21-Vorsitzenden Max Keil zum bayerischen Energiegipfel zusammenfassen. Gottfried Obermair, Vorsitzender des Klimawendevereins im Landkreis, sieht das ähnlich. Er nahm selbst an einer Arbeitsgruppe teil und fordert, ebenso wie Keil, "einen Umsetzungsgipfel".

Beim Energiegipfel hatten sich Teilnehmer verschiedener Institutionen seit dem Frühjahr in mehreren Runden getroffen, um über die künftige Ausrichtung der Energiepolitik zu diskutieren. Vor gut einer Woche stellten Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und Umweltminister Thorsten Glauber (beide Freie Wähler) ein Aktionsprogramm vor, mit dem der Ausbau erneuerbarer Energien bis 2022 vorangetrieben werden soll. Eckpunkte laut Keil: ein Drittel mehr Photovoltaik in fünf Jahren, 100 neue Windräder und mindestens 1000 neue Anlagen für die Kraft-Wärme-Kopplung pro Jahr, Ausbau der Wasserstofftechnik, mehr Holz zur Energiegewinnung, moderater Ausbau von Biogas, Speicherausbau. Die Opposition ätzte postwendend, das Programm sei mut-, plan- und ambitionslos. Lieber solle man das "Windkraftverhinderungsgesetz 10 H" kassieren und beim Solarstrom die Dächer von Neubauten und Schulen in den Blick nehmen.

Max Keil, der auch für die ÖDP im Kreistag sitzt, war beim "Gipfelfinale" dabei und sieht das ähnlich. Sein ernüchterndes Fazit nach fast einjähriger Arbeit der mit Experten aus Politik, Wirtschaft, Forschung sowie Energieversorgung besetzten Themengruppen: Die vorgestellten Ergebnisse hätten "keine nennenswerten neuen Erkenntnisse zutage gebracht". Vielen Umwelt- und Naturschutzverbänden, vor allem aber den Energiewendeorganisationen, geht es zu langsam voran. Bremser seien oft die Wirtschaftsverbände, die bei steigenden Energiekosten um ihre Konkurrenzfähigkeit fürchten. Keil glaubt, dass zudem die nahenden Kommunalwahlen den Enthusiasmus der Politiker bremsen - sie haben Angst vor Bürgerinitiativen gegen Überlandleitungen oder Windräder. Immer noch gebe es keinen Termin für die Gründung der geplanten bayerischen Energieagentur, klagt Keil. "Nach all den Energieforen und Energiegipfeln" sei es jetzt höchste Zeit für Taten und mithin für einen "Umsetzungsgipfel", so Keil. "Wir müssen vom Reden zum Handeln kommen, sonst läuft die Zeit davon!"

Dennoch kann Keil Aiwangers Wunschkatalog eine "grundsätzlich positive" Seite abgewinnen. Das mag ein klein wenig auch daran liegen, dass der Ziel-21-Vorsitzende Gottfried Obermair stellvertretender Kreisvorsitzender und Fraktionsvorsitzender im Kreistag der Freien Wähler ist. Obermair äußerte sich am Montag entsprechend vorsichtig. Im Landkreis sieht er durchaus ein Potenzial für weitere zehn Windräder. Er wünscht sich vor allem die Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens, mit der 10-H-Regelung, die einen Mindestabstand des Windrads zur nächsten Siedlung von mindestens dem Zehnfachen der Höhe bis zur Rotorspitze vorschreibt, könnte er dann einigermaßen leben. Die Freien Wähler wollen vor allem prüfen lassen, ob die großen Einschränkungen durch die Flugsicherung, die dem weiteren Bau von Windrädern ebenfalls entgegenstehen, gerechtfertigt sind. Von der Landespolitik erwartet Obermair "klare Richtlinien". Mit dem jüngst erweiterten 10 000-Häuser-Programm, mit dem energieeffizientes Bauen und Sanieren sowie die Nutzung erneuerbarer Energien gefördert wird, werde bereits ein sinnvoller Anstoß gegeben, findet Obermair. "Totaler Schwachsinn" hingegen seien kontraproduktive Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), für die aber der Bund zuständig sei.

Könnten Städte und Gemeinden nicht selbst mehr tun, statt nur auf den "Umsetzungsgipfel" zu warten? Es passiere schon viel, findet Gottfried Obermair. Da ist die Beratungsarbeit von Ziel 21. Aber ja, bei der Förderung von Photovoltaik und Häusersanierung sei wohl schon noch Luft nach oben. Obermair verweist an die beiden Klimamanagerinnen des Landkreises. Die sind am Montag nicht erreichbar. Aus der zuständigen Abteilung heißt es, dass vieles schon am Laufen sei: Da gibt es die kostenlosen Fachvorträge und PV-Beratungen - 350 waren es bislang, 23 neue Anlagen wurden anschließend montiert. Am Radwegekonzept werde gearbeitet, der öffentliche Nahverkehr soll weiter ausgebaut werden und Anfang 2020 soll auf Basis der CO₂-Bilanz für den Landkreis ein Aktionsplan erarbeitet werden. Dann könnte es auch im Landkreis Zeit sein für einen "Umsetzungsgipfel".

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