Fürstenfeldbruck:Wenn Klang und Wort verschmelzen

Julian Heidenreich

Julian Heidenreich präsentiert die Songs seines aktuellen Albums und sein Vater Gert Heidenreich übersetzt die Songtexte ins Deutsche.

(Foto: oh)

Die Reihe "Literatur in Fürstenfeld" geht in der kommenden Woche in die zweite Saison. Jenseits simpler Vorlesungen schafft der künstlerische Leiter Thomas Kraft literarische Spektakel

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

Wo die Musik mit Leichtigkeit und Emotionalität lockt, ganze Stadien füllt und zum selbstvergessenen Tanz verführt, braucht es für die Rezeption des Wortes ungleich mehr an Konzentration. Ihr wohnt gleichsam eine Tiefe inne, die oft der Reflexion, einer besonderen Wachheit und Wachsamkeit bedarf. Literatur zur Massentauglichkeit zu bringen, braucht Einfallsreichtum, Experimentierfreude und Mut. Und so ist es kein Leichtes, mit Lesungen Säle zu füllen. Erfreuliches Beispiel ist da die junge Reihe "Literatur in Fürstenfeld", die mit ihrem Auftakt am Mittwoch, 23. September, zum zweiten Mal ins Veranstaltungsforum lockt.

"Ich wollte keine klassischen Wasserglas-Lesungen", erklärt Thomas Kraft, der künstlerische Leiter der Reihe. Fernab des schnöden Vorlesens wollte Kraft, als er im vergangenen Jahr "Literatur in Fürstenfeld" auf die Beine stellte, eine möglichst lebendige Atmosphäre auf die Bühne bringen. Sein Credo: Reibungsflächen und Wechselwirkungen nutzen. Wie das konkret aussieht, werden etwa am 7. Oktober Gert Heidenreich und sein Sohn, der Musiker Julian Heidenreich in Fürstenfeld zeigen. Sie gehen eine Symbiose aus Wort und Ton ein: Der Vater, Schriftsteller, Journalist und Radiosprecher, wird die Songs der aktuellen Platte seines Sohnes "Omaha Beach" ins Deutsche übersetzt vortragen und dazu eigene lyrische Texte lesen, während Julian Heidenreich singt. Eine spannende Komposition, die selbst Kraft so zuvor noch nie gesehen hat.

Den Auftakt der Reihe macht Schriftsteller Hanns-Josef Ortheil am Mittwoch, 23. September, unter dem verheißungsvollen Titel "Italienische Nacht". Ortheil, geboren in Köln, aufgewachsen in Wuppertal und verzaubert von Rom, der ewigen Stadt, wo er einst am Konservatorium studierte, wird in Fürstenfeld ein Potpourri aus Textfragmenten zum Dolce Vita zum Besten geben. "Ortheil hat sehr viel über Sizilien und Rom geschrieben", sagt Kraft, der den Schriftsteller noch aus der Zeit kennt, als er im Verlagswesen gearbeitet hat. "Ich wusste um seine Vorliebe für Sizilien und für Süßigkeiten und so ist die Idee für sein Buch "Die Insel der Dolci" entstanden", erklärt Kraft. Sizilien, der Ort, an dem südeuropäische und arabische Küche miteinander verschmelzen, sich gegenseitig befruchten, faszinierte und inspirieret Ortheil auf zahlreichen Reisen. "Es war, als wäre ich im Himmel der Süßigkeiten gewesen", schwärmt der Autor. Und so darf sich wohl auch das Publikum in Fürstenfeld auf einen Abend im Zeichen des Genusses, des Schönen und Sehenswerten freuen.

Am 11. November wird Kraft schließlich selbst auf der Bühne stehen. Sein Programm mit dem Titel "Heart of Gold" wird eine literarisch-musikalische Hommage zum 70. Geburtstags von Neil Young. Bereits im Vorjahr hat sich der Autor und Veranstalter im Rahmen der Reihe mit Leonard Cohen beschäftigt. "Auch Neil Young ist ein Künstler, der wie Cohen viele Ecken und Kanten hat", so Kraft. Im Gegensatz zu Cohen liegen Youngs Wurzeln nicht in der Lyrik, allerdings schreibt auch er. Eine Autobiografie und zwei Kinderbucher hat er bereits veröffentlicht. "Und er ist jemand, über den viele Autoren bereits geschrieben haben. Eine Person, die die Leute beschäftigt und fasziniert."

Am 16. Dezember versüßt kein geringerer als Jan Weiler die Vorweihnachtszeit. Wer Weiler kennt, wird keine selig-besinnlichen Liebeserklärungen ans Christkind erwarten. In Weilerscher Manier, in der jeder Tragik ein köstliches Spektakel an Lachsalven innewohnt, bekommen die Gäste Episoden aus dem Leben eines Glühweinhassers zu hören. Nervenzusammenbrüche und Eskapaden schräger Schwiegereltern inklusive.

Mit dem neuen Programm holt Kraft noch weitere "gewiefte Bühnenkünstler" nach Fürstenfeld und hofft darauf, dass auch in diesem Jahr zahlreiche Besucher erscheinen werden. Der Erfolg des Vorjahres lässt hoffen.

Wie auch 2014 gibt es in diesem Jahr Abonnements. Besucher können sich also dafür entscheiden, für einen Eintrittspreis von 50 Euro, ermäßigt 40 Euro, vier Veranstaltungen anzusehen, oder für einen Eintrittspreis von 75 Euro, ermäßigt 60 Euro, alle acht Veranstaltungen zu besuchen. Die Karten für die Einzelveranstaltungen kosten im Vorverkauf 10 oder 15 Euro, ermäßigt 7 oder 11 Euro. Mit den Abos wollen die Veranstalter erreichen, dass Besucher auch für sie unbekannte Autoren neu entdecken und Abende besuchen, von denen sie im Vorhinein nicht wissen, was auf sie zukommt. "Man will ja auch den Horizont erweitern. Wenn das gelingt, ist das wunderbar", so Kraft.

Die Reihe eröffnen wird Hanns-Josef Ortheil (Italienische Nacht) am 23. September. Es folgen Gert Und Julian Heidenreich (Lyric meets Poesie) am 7. Oktober, Thomas Kraft, Steven Lichtenwimmer und Laura Wachter (Heart of Gold) am 11. November, Jan Weiler (Berichte aus dem Christstollen) am 16. Dezember, Feridun Zaimgolu (Siebentürmeviertel) am 20. Januar, Tilman Spengler (Waghalsiger Versuch, in der Luft zu kleben) am 24. Februar, Lena Gorelik (Schriftsteller und ihre Marotten) am 16. März und Horst Evers (Aberwitziges Alltags-Universum) am 27. April. Weiter Informationen zum Programm und Kartenvorverkauf unter www.fuerstenfeld.de/literatur_frstenfeld.

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