Fürstenfeldbruck:Wenn Flurdenkmäler verschwinden

Bruck: LANDRATSAMT - Eröffnung Kreis-Kulturtage - Foto-Ausstellung

Ganz genau schaut sich diese Besucherin einer Fotoausstellung im Landratsamt an, wie ein Kulturdenkmal durch den umliegenden Privatgarten komplett marginalisiert wird und im Meer der vielen Figuren untergeht.

(Foto: Johannes Simon)

Eine interessante Foto-Ausstellung im Landratsamt zeigt, welchen Bedeutungsverlust die einstmals so zentralen Kulturgüter erlitten haben. An manchen Stellen allerdings schließt sie über das Ziel hinaus

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Es ist ein großes Wehklagen, das durch die Galerie im ersten Stock des Landratsamtes in Fürstenfeldbruck heult. Mit 26 Fotografien zeigt ein "Kreuzweg", wie die einstmals so kulturell bedeutsamen Flurdenkmäler, allen voran die Feldkreuze, heute durch die "moderne Welt" marginalisiert werden. Der Fotograf Thomas Fiedler hat die skurrilen Szenen festgehalten. Zu jedem Bild hat Kreisheimatpfleger Toni Drexler einen bissigen Spruch gestellt, im Stile eines "schmerzhaften Rosenkranzes", wie er es selbst bezeichnet. Die Ausstellung mit dem Titel "Zefixlujanoamoi" ist Teil der Kreiskulturtage und noch bis zum Freitag, 18. August, dort zu sehen.

Es sind zum Teil schon ziemlich kuriose Konstellationen, die Fiedler festgehalten hat. Etwa wenn er ein Feldkreuz zeigt, das vor einem riesigen Strommasten steht. Durch die Perspektive wirkt es so, als sei das Gebilde eine Einheit, Jesus nicht an ein Kreuz genagelt, sondern an den Mast. Oder wenn direkt neben einem Feldkreuz an einer Straße eines der großen gelben Wegweiser-Straßenschilder steht. "... der du mich zum Straßenbegleitzeichen degradierst", steht darunter. Wenn dann noch eine Gedenktafel hinter einer Sammlung von Mülltonnen verschwindet, dann bekommt man als Betrachter ein gutes Gefühl dafür, was diese Ausstellung beklagt: Den oft so sorglosen Umgang mit kulturellem Erbe.

Interessant ist auch, was auf vielen der Bilder nicht mehr zu sehen ist: Die großen Bäume, die früher oft als Begleiter und Inszenierer der Flurdenkmäler angepflanzt wurden und die ihnen erst die richtige Würde verliehen haben. Aus Platzgründen mussten sie später oft im Zuge von Bebauungen weichen. Ein Foto zeigt genau die Brutalität dieses Vorgehens: Ein Feldkreuz an einem Schotterweg, daneben wie zwei Grabsteine die Stümpfe zweier einstmals wohl prachtvoller Bäume, wie der Durchmesser der Überreste erahnen lässt.

Bei aller nachvollziehbaren Klage über die Marginalisierung der Flurdenkmäler, wird es dann doch einigermaßen grotesk, wenn Drexler sein vor Ort ausgelegtes Begleitschreiben zur Ausstellung mit folgenden Worten beginnt: "Nicht nur im Vorderen Orient werden reihenweise Kulturdenkmale zerstört. Auch bei uns ist eine schleichende Kulturzerstörung an der Tagesordnung." Das hat nichts mehr mit Provokation oder Satire zu tun, sondern ist einfach nur ein missglückter Vergleich. Die mutwillige Zerstörung teilweise Tausende Jahre alter Kunstwerke, die zum Teil zum Weltkulturerbe gehören, durch Terroristen hat nun einfach gar keine Parallelen zu einem der gesellschaftlichen Entwicklung geschuldeten Bedeutungsverlust meist sakraler Kleindenkmäler. Dass einmal Bedeutsames, Landschaft und den Alltag Prägendes mit der Zeit verloren geht, ist eine natürliche Entwicklung. Die absichtliche Zerstörung als Ausdruck des Hasses auf eine Kultur eben nicht.

Ähnlich skeptisch darf man das Foto eines Wegkreuzes vor einem Laden betrachten. "Bosporus Schneiderei" heißt das Geschäft und das Bild bekommt den Text "... der du mich ins Morgenland versetzt hast" beigefügt. Eine Schneiderei mit türkischen Namen in einem deutschen Ort wird demnach also nicht Teil der heimischen Kultur verstanden, sondern als eine Enklave des "Morgenlands". Genau genommen allerdings braucht Jesus ja gar nicht dorthin "versetzt" werden, da er bekanntlich nicht auf dem bayerischen Land, sondern im heutigen Israel, einem Teil jenes Morgendlands gelebt hat.

Davon abgesehen ist den Organisatoren eine interessante Ausstellung gelungen, auch, weil sie genau das schafft, was die Kreiskulturtage mit ihrem Motto zeigen wollen - den Wandel der Heimat.

Die Ausstellung "Zefixlujanoamoi", ist bis zum Freitag, 18. August im Landratsamt Fürstenfeldbruck zu sehen, und zwar jeweils Montag bis Donnerstag 8 bis 18 Uhr und freitags 8 bis 16 Uhr, der Eintritt ist frei.

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