Finanzprobleme:Weiter Rätselraten um die Volkshochschule

Oberbürgermeister sieht sich aus rechtlichen Gründen außerstande, Details zur Affäre zu nennen. Der Stadtrat beschließt dennoch einen höheren Zuschuss

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Angelegenheit bleibt in Teilen rätselhaft. Wie hoch der finanzielle Schaden ist, der an der Stadt hängen bleibt, ist nicht zu klären: Am Dienstag hat der Stadtrat der Zuschusserhöhung für die Volkshochschule zugestimmt. Eine Diskussion über die Versäumnisse der früheren Geschäftsführung gab es nicht mehr. Eine Woche zuvor war im Finanzausschuss bekannt geworden, dass dem bis 2013 amtierenden und mittlerweile in Altersteilzeit befindlichen früheren Geschäftsführer Bruno Thalmayr offenbar Versäumnisse angelastet werden. Obwohl 2009 aus dem Verein eine gemeinnützige Gesellschaft wurde, hatte er offenbar dadurch geltende Vorschriften für die Buchführung missachtet und auch Beiträge für Altersteilzeit-Rückstellungen falsch verbucht.

Bislang gibt es keine Belege, dass er selbst davon profitiert hat. Oberbürgermeister Klaus Pleil (BBV), der qua Amt seit 2014 auch Aufsichtsratsvorsitzender und einziger Gesellschafter der hundertprozentigen städtischen Tochter ist, hatte im Fachausschuss davon gesprochen, dass Thalmayr versucht habe, die Kosten "nach außen niedrig zu halten". Resultat war aber unter anderem, dass das Finanzamt jüngst angekündigt hat, der VHS für 2011 und 2012 die Gemeinnützigkeit abzuerkennen, wodurch unter anderem Rückforderungen von Versicherungen drohen. Dass Thalmayr, der auch am Mittwoch telefonisch nicht erreichbar war, vor seinem Ausscheiden die Festplatte des damals einzig funktionstüchtigen Computers gelöscht haben soll, wirft Fragen auf.

Eine abschließende Bilanz konnte deshalb mangels Zahlen nicht erstellt werden, der Stadtrat verweigerte Thalmayr die Entlastung. Als Silvia Reinschmiedt die VHS übernahm, brachte sie die Buchführung auf Vordermann, schaffte Computer an, stockte Personal auf und entrümpelte einige "total vermüllte" Räume. Bereits unter Alt-OB Sepp Kellerer (CSU) hatte eine Prüfung ergeben, dass der frühere Geschäftsführer wohl nicht haftbar gemacht werden kann. Der finanzielle Schaden sei zudem gering, glaubt Pleil. Er ließ am Mittwoch durchblicken, dass er diesen Fall gerne in mehr Details publik machen würde, aber keine Verleumdungsklage riskieren wolle. Tommy Beer (BBV), der bereits dem alten VHS-Aufsichtsrat angehörte, fühlt sich an die Schweigepflicht gebunden. Er versichert aber, in seiner zurückliegenden Amtsperiode ein mögliches Fehlverhalten der VHS-Geschäftsleitung nicht erkannt zu haben. Pleil hält das für plausibel. Bei etwa drei Stunden Sitzungen im Jahr könne kaum eine umfassende Kontrolle erfolgen.

Für sehr wenig Geld müssten sich Stadträte da viel Verantwortung aufbürden und das Risiko eingehen, später in Regress genommen zu werden. Gleiches gilt für Pleil selbst, der unter anderem Aufsichtsratschef der Stadtwerke ist. Ob aus dem VHS-Debakel Lehren gezogen werden können, ist offen. Er setze aber durchaus ein Fragezeichen hinter das ganze Kontrollsystem, so Pleil am Mittwoch. Klaus Wollenberg (FDP) sieht weiteren Klärungsbedarf, aber keine Möglichkeiten, diese Forderung durchzusetzen. In seinen 38 Jahren als Stadtrat sei dies das erste Mal, dass da etwas so "unter den Teppich gekehrt" werde, ohne dass alle Stadträte zumindest im nicht öffentlichen Teil aufgeklärt würden. Ihm fehle es am Ansprechpartner: Weil es sich um eine gemeinnützige GmbH handelt, ist die Kommunalaufsicht nicht zuständig. "Und wenn der Aufsichtsrat nichts herausgibt, dann bliebe mir theoretisch eigentlich nur der Weg, bei der Polizei Anzeige zu erstatten."

Der von etwa 51 000 auf 220 000 Euro angehobene Zuschuss wurde auch deshalb notwendig, weil Einmalerlöse wie der Zufluss des Fördervereinsvermögens wegfielen und die Verwaltungskosten durch die zunehmende Zahl angebotener Integrationskurse deutlich gestiegen sind. Gabriele Fröhlich (SPD) stimmte ebenso wie Georg Stockinger (Freie Wähler) gegen den Beschluss, der auch die Übernahme von Personalsachbearbeitung, IT-Betreuung sowie Beratung und Kassenprüfung durch die Stadt vorsieht. Fröhlich begründet ihre Ablehnung neben dem Unbehagen über die als nicht transparent empfundene Informationspolitik von Aufsichtsrat und aktueller VHS-Geschäftsführung rund um Vorgänge der zurückliegenden Jahre auch mit grundsätzlichen Bedenken. Ihrer Ansicht nach wurde nie schlüssig belegt, warum es einer gemeinnützigen Gesellschaft nicht gelingen soll, sich selbst finanziell zu tragen.

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