Fürstenfeldbruck:Wallfahrer trotzen dem Dauerregen

Nicht einmal tausend Zuschauer verfolgen in Leonhardifahrt in Fürstenfeldbruck. Bei denen, die da sind, ist die Stimmung gut. Pfarrer Gäng predigt über selbstbestimmtes Leben

Von Manfred Amann, Fürstenfeldbruck

Der heilige Leonhard, unter anderem Schutzpatron des Viehs, besonders der Pferde, wird im Volksmund auch "Bayerischer Herrgott" genannt. Trotzdem kann er wohl nichts dafür, dass es am Samstag bei der Leonhardifahrt in Fürstenfeldbruck unablässig regnete. Es war eher der heilige Petrus, der die Bitte von Pfarrer Otto Gäng nicht erhörte, wenigstens während des Umzugs ein "trockenes Zeitfenster" zu öffnen. "Das wird heute eine nasse und ungemütliche Angelegenheit", sagte Maxi Haly von der Königlich privilegierten Feuerschützengesellschaft Fürstenfeldbruck, während er in der Fürstenfelder Straße auf den Fahnenwagen wartete, um die mit einem Plastiküberzug geschützte Fahne darauf zu postieren.

Leonhardifahrt

Die Brucker Heimatgilde verfügt über einen historischen Truhenwagen.

(Foto: Günther Reger)

Oberbürgermeister Erich Raff hätte dem böigen Wind und der Kälte vom vorigen Jahr den Vorzug gegeben, statt im Dauerregen stehen zu müssen. Allerdings dauerte die Leonhardifahrt diesmal nicht so lange wie sonst, denn etliche Einzelreiter und Gruppen aus dem Landkreis waren ausgeblieben. Auch die Zahl der Zuschauer blieb merklich unter denen der Schönwetterjahre zurück.

Die Stimmung war aber gut. "Ich glaube, es sind nicht mal tausend Leute und kaum über hundert Pferde", sagte eine Frau. Was kein Wunder sei, "wenn man ohne Schirm oder Regenmantel nicht aus dem Haus gehen kann". Das Zuschauen sei nicht nur eine Ehrerweisung für den heiligen Leonhard, sondern auch für alle, die ihre Pferde herausputzen, Wägen oder Kutschen schmücken und mithelfen, dass die Leonhardifahrt trotz widriger Verhältnisse sattfinden kann, sagte Raff.

Leonhardifahrt

Die Musiker des Fanfarenzugs Gernlinden bringen mit ihren rot-weißen Gewändern Farbe in die Wallfahrt.

(Foto: Günther Reger)

Mit dabei waren die Kasten- und Leiterwagen der Vereine, auch der Truhenwagen von der Heimatgilde, die heuer ihre Gründung vor 70 Jahren feiert und nach dem Zweiten Weltkrieg den Anstoß gab, die Leonhardifahrt wieder zu beleben. Der heilige Isidor aus Maisach betete auf einem von Ochsen gezogenen Wagen, während der Engel pflügte, Mitglieder des Edignavereins aus Puch wiesen auf die im nächsten Jahr stattfindenden Festspiele hin und der Freundeskreis Sankt Willibald (Jesenwang) war mit dabei. Etliche alte Kutschen dienten den Honoratioren als Fahrzeuge, Organisatorin Sophie Trnka vom Stadtmarketing wies die Plätze zu.

Eine gelbe Kutsche der einstigen Posthalterei, ein Erntedankwagen und das Rappen-Zehnergespann aus dem Ostallgäu erfreuten zudem die Zuschauer. Angeführt wurde die Pferdewallfahrt vom Fanfarenzug Gernlinden, im Zug spielten weitere fünf Blasmusiken. Darunter war die Stadtkapelle Fürstenfeldbruck unter Leitung von Paul Roh, die auch das Votivamt musikalisch begleitet hatte. Es wurde in der kleinen Leonhardikirche gefeiert.

Pfarrer Otto Gäng, der die Segnung von Vieh und Menschen zum ersten Mal vornahm, erinnerte an das Leben des Heiligen Leonhard, der im sechsten Jahrhundert lebte und ursprünglich dafür verehrt wurde, dass er Menschen von Ketten, also aus der Gefangenschaft, befreit hatte. Ein Attribut des Heiligen, eine Gefangenenkette, sei als Viehkette gedeutet worden und so sei der Heilige zu seinem "besonderen Stand im Volksglauben" gekommen. Leonhard sei also mehr als ein Viehpatron, auch wenn er bei den Menschen meist nur so wahrgenommen werde, so Pfarrer Gäng. Auch heute könne Leonhard als Vorbild dafür dienen, ein Leben in Freiheit anzustreben, sagte der Priester. Viele Menschen seien in ein fremdgesteuertes Leben eingebunden und hätten im Beruf oder im Privaten kaum die Möglichkeit, ein selbstbestimmt zu leben. Leonhard sei der "Patron all derer, die in mancherlei Bande verstrickt sind", sagte Gäng. Laut einer Darstellung von Kulturreferentin Birgitta Klemenz im Flyer zum Fest stammt die Patronatsbeschreibung aus der "Oration aus dem Leonhardsmissale" des ehemaligen Klosters Fürstenfeld, auf das die Verehrung des Heiligen zurückgeht.

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