Fürstenfeldbruck:Waldbewohner am Futterhaus

Lesezeit: 3 min

Mit seinem auffälligen Gefieder ist der Buntspecht gut zu erkennen. (Foto: S. Gerth/imago images/blickwinkel)

Bei der "Stunde der Wintervögel" werden diesmal viele Buntspechte gesichtet. Doch die Zahl der Vögel, die die Beobachter in ihren Gärten finden, geht seit Jahren zurück.

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Es ist das Gefieder, das den Buntspecht optisch so attraktiv macht. Schwarz-weiß die Flügel, tiefrot die Federn unter dem Schwanz, die Männchen zusätzlich noch mit einem roten Fleck am Hinterkopf. Wenn er mit schnellen Schnabelschlägen an einen Baumstamm trommelt, sind die Laute weithin zu hören. Und er fällt bisweilen auch deshalb auf, weil er darin geübt ist, andere zumeist kleinere Vögel zu vertreiben. "Ein frecher Vogel", findet deshalb Angelika Dester, wenn sie ihn so am Futterhaus beobachtet. Und das meint sie nicht böse. Gerade auch im Winter muss man als Vogel zusehen, wo man bleibt. Futterneid nennt man das, und weil das so ist, bekommen die Menschen viele Vögel zu sehen, wenn sie ihnen an bestimmten Stellen Futter anbieten. Das ist meist der ideale Platz, um die Vögel zu beobachten und sie auch zu zählen. Landesbund für Vogelschutz (LBV) und Naturschutzbund (Nabu) rufen zweimal im Jahr dazu auf, die Ergebnisse der diesjährigen "Stunde der Wintervögel" liegen jetzt vor. Demnach ist der Buntspecht auch in den Gärten im Landkreis Fürstenfeldbruck immer häufiger zu sehen.

309 Mal haben ihn die 630 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beobachtet - fast in jedem zweiten Garten. Seit einigen Jahren geht das schon so. Im diesjährigen Ranking der häufigsten Wintervögel landete der Buntspecht landkreisweit auf Platz elf. Dass der Buntspecht richtig zugeordnet wird, davon geht Angelika Dester, die für die Öffentlichkeitsarbeit in der LBV-Kreisgruppe Fürstenfeldbruck zuständig ist, aus. Es gibt zwar auch noch Mittelspecht und Kleinspecht, die ebenfalls rote Farbflecken am Gefieder haben, aber "eine Verwechslung ist eher unwahrscheinlich, da der Buntspecht bei weitem der häufigste Specht an Futterstellen ist" und Klein- und Mittelspechte so selten seien, dass sie kaum in Garten- oder Kulturlandschaften beobachtet werden könnten, erklärt Dester. Auch sei etwa der Kleinspecht nur so groß wie ein Sperling. Eigentlich bewohnen Buntspechte Laub- und Nadelwälder, weichen aber auch in Siedlungen aus, etwa wenn sie dort genügend Futter vorfinden oder wenn es im Wald an Nahrung mangelt. Auch durch Zuwanderung aus anderen, vor allem nördlichen Regionen sind höhere Bestände möglich, heißt es beim LBV. Ähnliche Bestandsschwankungen sind bei Kleiber und Eichelhäher zu beobachten, zwei weiteren Waldvogelarten, die auf den Plätzen 13 und 18 landeten.

Der Kleiber gehört zu jenen Waldvogelarten, die gerne an die Futterplätze in den Gärten kommen. (Foto: Dieter Mahlke/imago images/imagebroker)

Im typischen Vogelgarten im Landkreis finden sich als häufigste Arten auch in diesem Winter Kohlmeise, Feldsperling, Amsel - in dieser Reihenfolge. Die Kohlmeisen, mit mehr als 1800 Exemplaren am häufigsten gemeldet, sind in fast 88 Prozent, die Amseln mit fast 1500 Exemplaren sogar in fast 93 Prozent der Gärten zu sehen. Nimmt man den Haussperling, mit etwas mehr als 1100 Exemplaren auf Platz vier, hinzu, stehen seit Jahren dieselben vier Arten an der Spitze. Vom Haussperling allerdings waren vor einem Jahr noch doppelt so viele Exemplare gemeldet worden, diesmal wurde der auch als Spatz bekannte Vogel nur noch in 39 Prozent der Gärten beobachtet. "Damit zeigt sich in der Region der Rückgang dieser Art", sagt Dester. Die Bestände der Spatzen nehmen europaweit ab, bayernweit aber sind sie immer noch die am häufigsten beobachteten Wintervögel.

In den vergangenen 40 Jahren ist die Zahl der Vögel deutlich zurückgegangen

11426 Vögel haben die 630 freiwilligen Zähler im Landkreis insgesamt gemeldet. Das sind deutlich weniger als im Vorjahr, als es 16500 waren. Auch die Zahl der Vogelbeobachter ist gegenüber dem Rekordjahr 2021 mit 863 Teilnehmern zurückgegangen, dennoch ist der Wert höher als in vielen anderen Jahren zuvor. Möglicherweise haben die Menschen das Beobachten von Vögeln in Corona-Zeiten für sich als naturnahe Freizeitbeschäftigung entdeckt. Den Verbänden würden die Hobby-Ornithologen wichtige Beobachtungen liefern, sagt Angelika Dester. Aus den gesammelten Daten ließen sich über die Jahre Trends ableiten oder Theorien entwickeln. Wohl auch der an sich bedauerliche Trend, dass die Zahl der Vögel zurückgeht. 25,5 Vögel wurden durchschnittlich in den Landkreisgärten gesichtet und damit nicht nur deutlich weniger als etwa 2016, wo es noch 33 Exemplare pro Garten waren, sondern auch weniger als im bayernweiten (33) und oberbayerischen Durchschnitt (29). Vor allem die dicht besiedelten Regierungsbezirke sind es, die unter den Durchschnittswerten liegen. Zum Vergleich: In Niederbayern ergab die Zählung 40 Vögel pro Garten. Mögliche Gründe könnten laut Dester die hohe Siedlungsdichte im Landkreis Fürstenfeldbruck sein, die auf vielen Flächen betriebene Intensivlandwirtschaft und die Tatsache, dass sich in einem dicht besiedelten Raum die Vögel auf mehr Futterstellen verteilen.

Platz eins und zwei bei der diesjährigen Wintervogelzählung belegen Kohlmeise (links) und Feldsperling. (Foto: Stephan Rech/imago images/Westend61)

Der kontinuierliche Rückgang der Anzahl der Vögel ist freilich auch durch wissenschaftliche Studien und Monitoring-Programme belegt. Schon seit 1980 nimmt die Zahl der Vögel in der EU ab, vor allem unter den häufigen Vogelarten. Die Ergebnisse der britischen Wissenschaftler der "Royal Society for the Protection of Birds", von Bird-Life International und der tschechischen Gesellschaft für Ornithologie, wonach in den vergangenen 40 Jahren 20 Prozent der Vögel verschwunden sind, waren im vorigen November veröffentlicht worden. Als Hauptgrund nennen die Forscher: Umweltverschmutzung und die Agrarwirtschaft. Am stärksten vom Rückgang betroffen sind jene Vogelarten, die auf landwirtschaftlich bewirtschafteter Feldflur leben. Ihre Habitate gehen verloren, der gleichzeitige Rückgang der Insekten tut ein übriges. Vielen Vögeln fehlt damit die Nahrung.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: