Fürstenfeldbruck:Vielfalt statt Indoktrination

Jugend wählt-Aktion des KJR FFB

Übung in Demokratie: Jugendliche bei der U-18-Wahl, organisiert vom Kreisjugendring.

(Foto: oh)

Der Kreisjugendring steht für einen demokratischen Geist. Nun feiert er sein 70-jähriges Bestehen

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Erst kürzlich, wenige Tage vor der Bundestagswahl, sind die Aktivitäten des Kreisjugendring wieder einmal öffentlich sichtbar geworden: bei der U-18-Wahl, bei der Kinder und Jugendliche, unter realistischen Bedingungen wählen dürfen. Von solchen Ereignissen und den beliebten Ferienfahrten abgesehen, ist recht wenig bekannt über die Jugendorganisation, die seit 30 Jahren im Haus für Jugendarbeit im Brucker Stadtteil Gelbenholzen beheimatet ist. Gegründet wurde der KJR Fürstenfeldbruck, wie die anderen Kreisjugendringe in Bayern auch, allerdings schon vier Jahrzehnte früher. Diesen 70. Geburtstag feiert die Organisation am Dienstag mit einem Fest.

Es ist kein Zufall, dass der Kreisjugendring genau vor 70 Jahren, und damit nur zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, gegründet wurde. Denn in der Zeit des Nationalsozialismus waren nicht nur die Vereine und Organisationen der Erwachsenen aufgelöst und NS-Organisationen einverleibt worden. Auch entsprechende Angebote und Einrichtungen für Kinder und Jugendliche waren von der Hitlerjugend und ähnlichen Organisationen assimiliert worden. Nach dem Krieg waren die Alliierten sehr daran interessiert, diese Strukturen zu zerschlagen und mit frei gegründeten Vereinen den Boden für eine wehrhafte Demokratie zu bereiten. Und so kam es bereits am 21. Dezember 1945 im US-Hauptquartier in Frankfurt zu einem Beschluss, der die Bildung lokaler Jugendkomitees in Bayern ermöglichte. Im Landkreis wurde im Mai 1946 eine entsprechende Gruppe gegründet, bestehend aus katholischer Jugend, Pfadfindern und kleineren Jugendverbänden. Sie war "die Keimzelle des KJR", heißt es in der Chronik des Kreisjugendrings zum 50. Geburtstag. Denn mit der Gründung des bayerischen Jugendrings im April 1947 wurden diese lokalen Jugendkomitees automatisch zu den heutigen Kreisjugendringen.

Turbulent ging es offenbar zu in diesen ersten Jahren nach der Gründung. Der Chronik zufolge löste sich der KJR im Dezember 1948 "aus finanziellen Gründen" auf. Näheres findet sich dazu nicht im Text. Ein Jahr später erfolgte bereits die Neugründung. Die erste Vierteljahresversammlung - und noch viele weitere - fand übrigens im einst von der Hitlerjugend genutzten Jugendheim an der Schöngeisinger Straße statt. Die Alliierten nutzten es laut Chronik zur Umerziehung der Jugendlichen, damit sie sich vom nationalsozialistischen Denken und Handeln lösen.

Die Liste bisheriger Vorsitzender, Geschäftsführer und weiterer wichtiger Personen ist lang. Stellvertretend sei Pater Emanuel Heiß als erster Vorsitzender der Jugendorganisation erwähnt. Und die Tatsache, dass etliche Personen, die später in der Politik auftauchten, etwa der frühere Brucker Oberbürgermeister Sepp Kellerer (CSU), Kreisrat Michael Leonbacher (FW) oder der Brucker SPD-Stadtrat Philipp Heimerl, ebenfalls im Kreisjugendring aktiv waren.

Zu den Aufgaben des KJR zählte von Anfang an die Zusammenführung von Jugendverbänden und -gruppen, das Organisieren von Freizeitangeboten sowie die Verteilung der Zuschüsse. 1952 gründete die Organisation eine eigene Jugendbibliothek mit 468 meist gebrauchten Büchern, es wurden Bastelabende veranstaltet, Filmvorführungen und Fortbildungen für die Jugendleiter. 1969 gab es den ersten Beat-Nachmittag, eine eigene Zeitung wurde herausgegeben und vor den Bundestagswahlen eine Podiumsdiskussion veranstaltet. Die politische Bildung hält der Kreisjugendring nach wie vor hoch, wie die U-18-Wahl zeigt. Des weiteren tritt er mit seinem Spielmobil und dem Kinderzirkus immer wieder öffentlich in Erscheinung; er verleiht Material von der Buttonmaschine bis zum Kleinbus, hat diverse Kurse im Angebot. Insgesamt 26 Jugendorganisationen und Verbände sind Mitglied im Kreisjugendring.

70 Jahre KJR, Dienstag, 3. Oktober, 12 bis 17 Uhr, Gelbenholzener Straße 6, mit Spielmobil, Hüpfburg, Workshops, Hausführungen und Gewinnspiel

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