Fürstenfeldbruck:Viel Beifall und Zustimmung

Richter macht sich bei den Jusos für Cannabis-Legalisierung stark

Von Katharina Knaut, Fürstenfeldbruck

Wenn man junge Menschen an einem sonnigen Freitagabend dazu bewegen möchte, eine politische Veranstaltung zu besuchen, muss man entweder mit Freibierausschank werben oder ein wirklich gutes Thema auf der Agenda stehen haben. Da Ersteres bei der Veranstaltung "Let's talk about Cannabis" nicht der Fall war, scheinen die Mitglieder der Jusos mit dem Thema offensichtlich einen Nerv getroffen zu haben. Das Unterhaus, in dem die Veranstaltung stattfindet, ist bis auf den letzten Platz besetzt. Rund 60 Leute, vor allem der jüngeren Generation, drängen sich in der Bar.

Mit Andreas Müller haben sie auch einen schillernden Referenten nach Fürstenfeldbruck geholt. Müller ist Jugendrichter und trägt den Beinamen "härtester Richter". Sein Vater war alkoholabhängig, sein Bruder heroinsüchtig. Und dennoch kämpft er für die Legalisierung von Cannabis. Er erzählt, wie er in seiner Jugend selbst Cannabis konsumiert hat, geht auf die geltende rechtliche Lage in Bezug auf Besitz und Konsum des Rauschmittels ein und unterstreicht seine Überzeugung, dass ein Verbot von Cannabis mehr schade als nutze. "Ich habe mich für den Opferschutz stark gemacht, für Geschlagene und Vergewaltigte", erklärt er. Mit den Verurteilungen aufgrund des Besitzes von Cannabis schaffe der Staat ebenfalls Opfer, so Müller. Man verliere seinen Führerschein oder müsse sogar ins Gefängnis. "Ein verpfuschtes Leben für nichts." In seiner Laufbahn als Richter habe er keinen einzigen Gewaltfall aufgrund von Cannabis verhandelt, dafür ein Drittel aufgrund von Alkohol. Das heiße nicht, dass er für die Schließung von deutschen Kneipen verantwortlich sein möchte. "Ich will, dass Deutsche trinken dürfen. Ich will aber auch, dass deutsche Kiffer kiffen dürfen!"

Vor allem für diesen Satz erntet er viel Applaus und laute Zustimmungsrufe. Es sind vor allem die Befürworter, die sich eingefunden haben. Viele haben selbst schon einmal Cannabis konsumiert, wie Müller mit einer Frage ins Publikum feststellt. In der Diskussionsrunde werden auch kaum kritische Argumente vorgebracht, die Zuhörer haben jedoch umso mehr Fragen, so viele, dass man sie nicht alle behandeln kann. Vor allem beschäftigt das Thema Cannabis im Straßenverkehr. Müller hatte diesen Aspekt bereits angeschnitten. Er kritisiert das Vorgehen des Staates. "Wenn Autofahrer mit Cannabis im Auto erwischt werden, zieht der Staat den Schluss, dass man ein Suchtproblem hat. Dann muss man das Gegenteil beweisen." Er empfinde es als ungerecht, dass Menschen, die mit Alkohol im Auto erwischt werden, das nicht müssen. Diesen Ansatz greift eine Frau auf, die bei der Führerscheinstelle arbeitet. Sie stimmt zu. "Mit Cannabis gibt es keine Unfälle. Ich sehe die Anzeigen. Alkohol würde ich viel eher entziehen wollen."

Es kommt auch das Thema Jugendschutz auf. Ein junger Mann stellt die Frage, was Müller gegen eine Verharmlosung unternehmen wolle, zu der die Debatte um die Legalisierung führen könne. Er kenne Leute, die mit 16 Jahren Probleme mit Cannabis haben. "Ich habe als Richter auch Fälle, bei denen Jugendliche von morgens bis abends kiffen. Das geht gar nicht." Bei einer Legalisierung bestehe allerdings die Möglichkeit, das Thema offen anzugehen. "Und das, ohne gleich mit dem Strafrecht zu wedeln. Auch die Eltern könnten besser damit umgehen."

Ein Thema, das polarisiert, findet Jonathan Grundmann, der Kreisvorsitzende der Jusos. Aber auch eines, das im Landkreis beschäftigt. Daher haben die Jusos die Veranstaltung organisiert. "Vor allem bei den jungen Leuten ist es ein Thema. Das merke ich auch in meinem Freundeskreis."

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